Gesundheitswesen 2018; 80(04): 390
DOI: 10.1055/s-0038-1639223
VORTRÄGE
Amtsärztlicher Dienst/Gutachterwesen
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Das Prostituiertenschutzgesetz – Wer wird geschützt und welche Rolle spielt der ÖGD?

F Feil
1   Niedersächsisches Ministerium für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung Referat 401 Infektionsschutz, Öffentlicher Gesundheitsdienst, Hannover, Germany
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
11. April 2018 (online)

 

Am 1.7.2017 trat das Gesetz zum Schutz von in der Prostitution tätigen Personen (Prostituiertenschutzgesetz – ProstSchG) in Kraft.

Mit dem Gesetz sollen folgende Ziele erreicht werden:

  • Das (sexuelle) Selbstbestimmungsrecht von Menschen in der Prostitution zu stärken,

  • fachgesetzliche Grundlagen zur Gewährleistung verträglicher Arbeitsbedingungen und zum Schutz der Gesundheit für die in der Prostitution Tätigen zu schaffen,

  • die ordnungsrechtlichen Instrumente zur Überwachung der gewerblich ausgeübten Prostitution und der Prostitutionsgewerbebetriebe zu verbessern,

  • die Rechtssicherheit für die legale Ausübung der Prostitution zu verbessern,

  • gefährliche Erscheinungsformen der Prostitution und sozial unverträgliche oder jugendgefährdende Auswirkungen der Prostitutionsausübung auszuschließen bzw. zu verdrängen und

  • Kriminalität in der Prostitution wie Menschenhandel, Gewalt gegen und Ausbeutung von Prostituierten und Zuhälterei zu bekämpfen.

Schon diese offizielle Begründung macht deutlich, dass die gesundheitliche Beratung, die in den meisten Ländern durch den kommunalen ÖGD durchgeführt wird, nur einen kleinen Teilaspekt der Regelungen darstellt, selbst wenn in der öffentlichen Diskussion hierauf derzeit ein Hauptaugenmerk gerichtet ist. Es ist daher von besonderer Relevanz, sie im Kontext der anderen ordnungsrechtlichen Vorschriften zu sehen und für die gesundheitliche Beratung gerade den sozialmedizinischen Aspekt in den Vordergrund zu stellen, auch wenn es sich um eine Pflichtberatung handelt.

Aus den Erfahrungen der AIDS-Prävention wurde §19 IfSG sinnvoll ausgestaltet. Allerdings muss festgestellt werden, dass diese anonyme und kostenfreie Beratungs, Untersuchungs und Therapiemöglichkeiten in der Vergangenheit nicht flächendeckend die Prostituierten erreicht hat.

Pflichtberatung mit Offenbarung der Identität vor einer Behörde widerspricht den Erkenntnissen aus der Präventionsarbeit in der Vergangenheit. Jedoch besteht nun mit dem ProstSchG die Möglichkeit, dass sich der ÖGD den Prostituierten mit ihrem Beratungsangebot gezielt zuwendet. Daher können von der teilweise scharf kritisierten Regelung positive Effekte sowohl für einen Teil der Prostituierten aber auch für den ÖGD ausgehen. Diese Chance sollte genutzt und entsprechend ausgestaltet werden.