Gesundheitswesen 2018; 80(04): 401
DOI: 10.1055/s-0038-1639252
POSTERPRÄSENTATION
Infektionsschutz
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

MERIN – Meningitis und Enzephalitis Register in Niedersachsen

S Rettenbacher-Riefler
1   Niedersächsisches Landesgesundheitsamt (NLGA), Hannover, Germany
,
K Beyrer
2   Niedersächsisches Landesgesundheitsamt (NLGA) u. Nationale Kommission für die Polioeradikation in der Bundesrepublik Deutschland, Hannover, Germany
,
I Holle
1   Niedersächsisches Landesgesundheitsamt (NLGA), Hannover, Germany
,
M Monazahian
1   Niedersächsisches Landesgesundheitsamt (NLGA), Hannover, Germany
,
A Baillot
1   Niedersächsisches Landesgesundheitsamt (NLGA), Hannover, Germany
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Weitere Informationen

Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
11. April 2018 (online)

 

Virale Meningitiden und Enzephalitiden sind weder gemäß Infektionsschutzgesetz (IfSG) noch gemäß einer niedersächsischen Meldeverordnung meldepflichtig. Um schnell und verlässlich Informationen zu Auftreten, Häufigkeit und Ausbreitung viraler (aseptischer) Infektionen des zentralen Nervensystems (ZNS) zu erhalten, wurde 2003 das Meningitis und Enzephalitis Register in Niedersachsen (MERIN) eingerichtet.

Das niedersächsische Landesgesundheitsamt (NLGA) bietet allen pädiatrischen, neurologischen und internistischen Kliniken in Niedersachsen und Bremen eine unentgeltliche virologische Diagnostik für Patienten mit Verdacht auf aseptische ZNS-Infektion an. Das Routineangebot umfasst eine serologische und molekularbiologische Untersuchung auf die wesentlichen viralen Erreger für ZNS-Erkrankungen. Insbesondere werden Stuhl- und Liquorproben mittels PCR, Anzucht und Typisierung auf Enteroviren untersucht. Dies beinhaltet auch eine Testung auf Polioviren. Den Befunden wird ein Fragebogen beigelegt, auf dem die behandelnde Ärztin/der behandelnde Arzt den klinischen Verlauf sowie die Abschlussdiagnose auch in Zusammenschau mit dem virologischen Befund rückmelden kann.

Während der letzten 10 Jahre sendeten 43 Kliniken jährlich etwa 1800 Proben von über 700 Patienten ein. Rund 90% entfallen dabei auf pädiatrische, 10% auf neurologische Abteilungen. Knapp 80% der Patienten sind jünger als 15 Jahre. Die Erregernachweisrate liegt bei etwa 30%. Enteroviren verursachen einen Großteil der sommerlichen Meningitis- und Enzephalitisfälle. Echovirus 30 zählt zu den am häufigsten vorkommenden Serotypen und verursacht zumeist gutartige, selbstlimitierende Krankheitsverläufe. Im Sommer 2017 konnten 16 Patienten mit seröser Meningitis mittels Serotypisierung einem Ausbruch von Echovirus 6 zugeordnet werden. Die Fragebogenrücklaufquote beträgt 58%. Für 3/4 aller Patienten wird zum Zeitpunkt der Entlassung vollkommene Ausheilung angegeben. Wöchentlich aktualisierte MERIN-Daten sind auf der Homepage des NLGA abrufbar.

MERIN genießt eine hohe Akzeptanz bei den teilnehmenden Kliniken aufgrund des umfangreichen virologischen Diagnostikangebots zur ätiologischen Abklärung aseptischer Meningitiden und Enzephalitiden. Die Genese viraler ZNS-Infektionen ist nicht nur klinisch von Interesse, sondern auch für den Infektionsschutz relevant. Aussagen über aktuell zirkulierende Enteroviren, beziehungsweise Erregervariabilität können gemacht werden. Auch das Auftreten neuer, in Deutschland bisher noch nicht beobachteter Varianten oder importierter Polioviren kann erkannt und zusammen mit dem Nationalen Referenzzentrum für Poliomyelitis und Enteroviren am Robert Koch-Institut weiter abgeklärt werden. Basierend auf dem System MERIN wurde 2005 eine bundesweite Enterovirus-Surveillance etabliert. Eine zeitnahe und qualitativ hochwertige Enterovirusdiagnostik ermöglicht die Überwachung der Poliofreiheit Deutschlands gemäß der globalen Polioeradikationsinitiative der WHO.