Gesundheitswesen 2018; 80(04): 412
DOI: 10.1055/s-0038-1639281
POSTERPRÄSENTATION
Umweltmedizin
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Bewertung von Stoffen im Trinkwasser: Vorsorgeorientierte GOW ↔ toxikologische Leitwerte

ND Costa Pinheiro
1   Niedersächsisches Landesgesundheitsamt (NLGA), Umweltmedizin, -hygiene & -epidemiologie Hannover, Germany
,
R Suchenwirth
1   Niedersächsisches Landesgesundheitsamt (NLGA), Umweltmedizin, -hygiene & -epidemiologie Hannover, Germany
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Publication Date:
11 April 2018 (online)

 

Nach Trinkwasserverordnung (TrinkwV) gilt dem Vorsorgeprinzip bzw. Minimierungsgebot folgend für Pflanzenschutzmittelwirkstoffe und ihre relevanten Metaboliten ein allgemeiner Grenzwert von 0,1 µg/l für den Einzelstoff bzw. ein Summenwert von 0,5 µg/l (als „Null-Surrogat“ der damaligen analytischen Nachweisgrenze entsprechend). Diese stoffunabhängigen Grenzwerte begründet in der Vorsorge sind zu unterscheiden von Werten der Risikobewertung, d.h. von gesundheitlich abgeleiteten, stoffspezifischen Grenz-/Leitwerten im Trinkwasser (LWTW). Ist aufgrund unzureichender toxikologischer Datenlage kein Leitwert ermittelbar, soll das Konzept der gesundheitlichen Orientierungswerte (GOW) zur „Bewertung von „teil- oder nicht bewertbaren Stoffen“ diese potentielle Lücke schließen.

Die GOW sollen als Vorsorgewerte regulatorisch Platzhalter für einen späteren, stoffspezifischen Leitwert sein. Somit stellen GOW einerseits den Wunsch nach Abwesenheit unerwünschter Stoffe im Trinkwasser als „trinkwasserhygienische“ Vorsorgewerte dar, andererseits werden Stoffe basierend auf der Güte der toxikologischen Datenlage bewertet und einem numerisch vorgegebenen, konservativen GOW-Wert zuordnen. 2003 vom Umweltbundesamt (UBA) veröffentlicht, wird es seither zur Bewertung von Spurenstoffen im Trinkwasser (insbesondere auch für nicht relevanter Metabolite von Pflanzenschutzmitteln) herangezogen; ist dabei jedoch nicht gesetzlich verankert und entspricht juristisch einer Empfehlung. Das GOW-Konzept hat sich als wertvolles Instrument bewährt, allerdings haben sich seit der Ersteinführung regulatorische Rahmenbedingungen sowie das Wissen um verschiedenste Stoffe gewandelt und ist eine Fortschreibung wünschenswert, insbesondere in der Umsetzung des trinkwasserhygienischen GOW-Konzeptes in Abgrenzung zu toxikologischen Begründungen von Leitwerten.

Anhand der nicht relevanten Metabolite Aminomethylphosphonsäure (AMPA) und Trifluoressigsäure (TFA) wird die notwendige Trennung von trinkwasserhygienischem Anspruch und gesundheitlicher Bewertung anhand toxikologischer Daten dargestellt. Die unterschiedlichen Kriterien zur Ableitung sowie abweichende Verwendung von Extrapolationsfaktoren im Vergleich zu anderen regulatorischen Bereichen bzw. Behörden und folglich resultierende Trinkwasserleitwerte werden gegenübergestellt.