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DOI: 10.1055/s-0038-1667620
Left without beeing seen (LWBS): Warum Patientinnen und Patienten die Notaufnahme vor einer ärztlichen Konsultation verlassen
Publication History
Publication Date:
03 September 2018 (online)
Hintergrund:
Aus internationalen Studien ist bekannt, dass eine relevante Gruppe von Notaufnahmepatienten diese vor einem Arztkontakt verlässt. An den drei Notaufnahmen der Charité Campus Mitte sind es ca. 3 Prozent jährlich. Über die Motive dieser Left without beeing seen (LWBS) Patienten und deren alternative Versorgung durch niedergelassene Ärzte oder andere Notaufnahmen liegen keine systematischen Informationen vor. Zur Verbesserung der Versorgungsqualität sind diese erforderlich.
Methoden:
Alle 3.266 erwachsenen LWBS-Patienten, die zwischen Okt. 2015 und Sept. 2016 eine Notaufnahme der Charité Campi Nord vor einem Arztkontakt verlassen hatten, wurden angerufen. 1.067 Personen beantworteten standardisierte und offene Fragen zu Wartezeiten, zum Grund des Verlassens der Notaufnahme und zur ggfs. anschließenden Behandung in einer niedergelassenen Praxis oder einem anderen Krankenhaus. Die offenen Antworten wurden codiert und gemeinsam mit den standisierten mit MAXQDA12 ausgewertet.
Ergebnisse:
Für ca. 30% hatte sich das Anliegen ohne Arztkontakt erledigt (Maßnahme der Pflege, Besserung während der Wartezeit) oder sie gingen auf Anraten der Pflege. 10% nannten persönliche Gründe wie Kinderbetreuung oder Arbeit. Die Mehrheit verließ die Notaufnahme aufgrund nicht kalkulierbarer Wartezeiten, der unkomfortablen belastenden Wartesituation und/oder dem Mangel an Zuwendung und Kommunikation. 79% suchten innerhalb der folgenden 30 Tage entweder eine Praxis oder ein anderes Krankenhaus auf.
Schlussfolgerungen:
LWBS-Patienten suchen Notaufnahmen häufig in Erwartung einer praxisähnlichen Versorgungsstruktur auf. Die Behandlungsfolge nach medizinischer Dringlichkeit macht Wartezeiten in Notaufnahmen jedoch unkalkulierbar. Diese Ungewißheit und die belastende Wartesituation führen bei LWBS-Patienten zum Verzicht auf ärztliche Notfallbehandlung. Eine patientenorientierte Versorgung muss daher ausreichende Ressourcen sowohl für die notfall- als auch für die akutmedizinische Versorgung bereitstellen.