Gesundheitswesen 2018; 80(08/09): 803-804
DOI: 10.1055/s-0038-1667714
Beiträge am Donnerstag, 13.09.2018
Vorträge
Lebensphasenbezogene Gesundheitsförderung und geschlechtersensible Prävention
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

„Du bist kein richtiger Mann mehr“ – Vegetarismus und genderbezogene Aspekte – eine qualitative Studie

B Reime
1   HS Furtwangen, Furtwangen, Deutschland
,
R Dotter
1   HS Furtwangen, Furtwangen, Deutschland
,
J Hagen
2   HS Fulda, Public Health Nutrition, Fulda, Deutschland
,
C Hutter
1   HS Furtwangen, Furtwangen, Deutschland
,
A Reh
3   Universität Bielefeld, Psychologie, Bielefeld, Deutschland
› Institutsangaben
Weitere Informationen

Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
03. September 2018 (online)

 

Hintergrund:

Der Verzehr von Fleisch wird in Studien aus vielen Teilen der Welt mit Männlichkeit assoziiert. Männer konsumieren mehr Fleisch und stehen auch dem Verzehr von Fleisch positiver sowie einer fleischlosen Ernährungsweise kritischer gegenüber als Frauen. Wir untersuchten, inwieweit sich Reaktionen aus dem sozialen Umfeld auf männliche und weibliche VegetarierInnen unterscheiden und ob diese Reaktionen eine Barriere für die Aufrechterhaltung einer vegetarischen Ernährung darstellen.

Methoden:

Insgesamt nahmen 25 Personen (18 Frauen und sieben Männer zwischen 19 und 60 Jahren) an der Untersuchung teil. Die Befragten hatten gerade erst ihre Ernährung umgestellt oder lebten schon bis zu 20 Jahren vegetarisch. Es wurden 30 leitfadengestützte, themenzentrierte Interviews durchgeführt, die sich unter anderem auf Reaktionen des sozialen Umfelds auf die Ernährungsweise bezogen. Die Auswertung der Interviews orientierte sich an der Methode der qualitativen Inhaltsanalyse nach Mayring (2015).

Ergebnisse:

Beide Geschlechter berichteten von positiven und negativen Reaktionen auf ihre Ernährungsweise. Kategorien beinhalteten unter anderem Fragen der Vereinbarkeit von „Männlichkeit“ mit vegetarischer Ernährung und das „Verwöhnen“ von Söhnen durch die Fleischgerichte ihrer Mütter. Ein männlicher Kollegenkreis, ein fleischfokussiertes soziales Umfeld und das Leben im ländlichen Raum wurden von beiden Geschlechtern als Herausforderungen bei der Umstellung auf vegetarische Ernährung genannt.

Schlussfolgerungen:

Die Ergebnisse stützen frühere Studien, wonach eine vegetarische Ernährung im sozialen Umfeld kontrovers aufgenommen und kommentiert wird. Frauen berichteten von Kritik an dieser Ernährungsform aus ernährungsphysiologischen Gründen, während Männer angaben, zusätzlich genderbezogene Reaktionen erlebt zu haben. Public Health Professionals können Männer bei einer vegetarischen Ernährung unterstützen, indem sie Vegetarismus mit Eigenschaften wie Selbstbestimmung und Autonomie in Verbindung bringen.