Gesundheitswesen 2018; 80(08/09): 820
DOI: 10.1055/s-0038-1667768
Beiträge am Donnerstag, 13.09.2018
Workshops
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Einzelbeitrag: Überschuldung und Arzneimittelgebrauch: Status-quo und Unterstützungsbedarfe

E Münster
1   Institut für Hausarztmedizin Universität Bonn, Bonn, Deutschland
,
J Warth
1   Institut für Hausarztmedizin Universität Bonn, Bonn, Deutschland
,
J Tillmann
1   Institut für Hausarztmedizin Universität Bonn, Bonn, Deutschland
,
J Porz
1   Institut für Hausarztmedizin Universität Bonn, Bonn, Deutschland
,
U Zier
1   Institut für Hausarztmedizin Universität Bonn, Bonn, Deutschland
,
K Weckbecker
1   Institut für Hausarztmedizin Universität Bonn, Bonn, Deutschland
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Publication History

Publication Date:
03 September 2018 (online)

 

Die Anzahl überschuldeter Privatpersonen wird in Deutschland derzeit auf etwa 6,9 Millionen geschätzt. Während national und international erhöhte Krankheitsprävalenzen in dieser unter Ausgabenarmut stehenden Bevölkerungsgruppe aufgezeigt wurden, ist über den Arzneimittelgebrauch und möglichen Barrieren keine Kenntnis vorhanden.

Um den Arzneimittelgebrauch von überschuldeten BürgerInnen quantitativ zu untersuchen, wurde 2017 eine Querschnittstudie durchgeführt. In Zusammenarbeit mit 70 anerkannten Schuldner- und Insolvenzberatungsstellen des Landes Nordrhein-Westfalen konnten bei einer Teilnahmerate von 50,4% insgesamt 699 überschuldete Privatpersonen schriftlich mittels standardisiertem Fragebogen anonym zur Thematik befragt werden. Die Daten wurden uni- und multivariat analysiert.

383 Frauen (54,8%) und 316 Männer (45,2%) im Alter von 19 bis 79 Jahren (44 ± 12,8 Jahre) haben an der Studie teilgenommen. Über zwei Drittel der Überschuldeten (69,0%) gaben Probleme bei der Arzneimittelversorgung in den letzten 12 Monaten an: Verzicht (24,2%) oder verzögerte Rezepteinlösung (32,6%), Dosisreduktion (12,6%) sind u.a. benannt worden. Jeder Zehnte (10,9%) gab an, dass er aufgrund seiner finanziellen Situation gewünschte Verhütungsmittel im vergangenen Jahr nicht kaufen konnten.

Die finanzielle Selbstbeteiligung beim Medikamentenkauf in Deutschland kann bei überschuldeten Privatpersonen zu Defiziten in der medizinischen Versorgung führen. Prekär ist der Umstand, dass gewünschte Verhütungsmittel aufgrund der finanziellen Ausgabenarmut nicht gekauft werden können. Public Health-Maßnahmen zum barrierefreien Zugang von medizinisch notwendigen Arzneimitteln und Verhütungsmitteln sind dringend notwendig.