Gesundheitswesen 2019; 81(03): 237
DOI: 10.1055/s-0039-1679281
Vorträge
Fachausschuss Infektionsschutz
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Ein Ausbruchsgeschehen mit 4 MRGN A. baumannii in einer Wohngruppe für außerklinische Intensivpflege – Möglichkeiten und Grenzen der Intervention durch den ÖGD

S Trommer
1   Fachdienst Gesundheit Gesundheitsamt der Stadt Jena, Team Hygiene, Jena, Germany
,
S Dietsch
1   Fachdienst Gesundheit Gesundheitsamt der Stadt Jena, Team Hygiene, Jena, Germany
,
A Weise
2   Fachdienst Gesundheit Gesundheitsamt der Stadt Jena, Amtsärztlicher Dienst, Jena, Germany
,
NL Schwerdtner
3   Institut für Infektionsmedizin und Krankenhaushygiene am Universitätsklinikum Jena, Krankenhaushygiene, Jena
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Publication History

Publication Date:
05 April 2019 (online)

 

Einleitung:

Auf Basis der IfSGMeldAnpV wurde im Gesundheitsamt (GSA) Jena eine Häufung von 4 MRGN A. baumannii auffällig. Die Ermittlungen ergaben, dass es sich hier um Abstrichergebnisse der Klienten einer Wohngemeinschaft für außerklinische Intensivpflege (AKI) handelte. Die Kolonisation eines Bewohners war dem GSA bereits seit 2016 bekannt. Die Meldung drei weiterer Nachweise ließ ein Häufungsgeschehen vermuten.

Methoden:

Selbstorganisierte Wohngruppen mit AKI unterliegen weder der infektionshygienischen Überwachung durch den ÖGD noch der Heimaufsicht. Kontrollen erfolgten allein durch den MDK. Aufgrund der Häufung dieses relevanten Erregers, erfolgte auf Grundlage des IfSG eine unangekündigte Vor-Ort-Begehung des amb. Pflegedienstes. Es wurde ein desolates Hygieneregime vorgefunden, welches den Verdacht einer nosokomialen Übertragung erhärtete. Gemäß §16 IfSG erfolgte eine Anordnung des GSA zur sofortigen Herstellung eines akzeptablen Hygienemanagements und ein vorläufiger Aufnahmestopp. Nachfolgend wurden durch das GSA alle in der Einrichtung betreuten Klienten gescreent und die Proben im TLV sowie mit NRZ für gramnegative Krankenhauserreger untersucht.

Ergebnisse:

Bei 4 der 6 Klienten konnte ein 4 MRGN A. baumannii mit OXA48-Carbapenemase nachgewiesen werden. Alle Klienten waren kolonisiert. Bei allen 6 Klienten wurde mindestens ein weiterer multiresistenter Erreger festgestellt. Am NRZ erfolgte eine Erregertypisierung, die eine genetische Verwandtschaft der Erreger bestätigte und damit die Wahrscheinlichkeit eines Ausbruchsgeschehens bekräftigte. Bis August 2018 erfolgte eine kontinuierliche Begleitung des ambulanten Pflegedienstes bei der Umsetzung der erforderlichen Hygienemaßnahmen. Nachdem alle geforderten Maßnahmen umgesetzt wurden, erfolgte ein Kontrollscreening aller Klienten. Weitere Übertragungen des 4 MRGN A. baumannii konnten damit ausgeschlossen werden. Der Aufnahmestopp wurde aufgehoben. Die Einbindung des Pflegedienstes in das MRE-Netzwerk der Stadt ist für 2019 geplant.

Diskussion:

Der Fall zeigt, was der ÖGD hier leisten kann und muss. Dafür müssen aber die gesetzlichen Voraussetzungen geschaffen werden, ein interdisziplinäres Vorgehen aller beteiligten Behörden und eine Stärkung des ÖGD erfolgt. Gesetzlich geforderte Hygienepläne und behördliche Begehungen dieser Risikobereiche werden als dringend erforderlich angesehen. Aus ethischer und infektionshygienischer Sicht ist es nicht tolerabel, dass Menschen unter den von uns vorgefundenen Bedingungen versorgt werden.