Gesundheitswesen 2019; 81(08/09): 666
DOI: 10.1055/s-0039-1694359
Kongresstag 1: 16.09.2019
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Die MiSSA-Studie – Ergebnisse und Potentiale

C Koschollek
1   Robert Koch-Institut, Abteilung für Epidemiologie und Gesundheitsmonitoring, Berlin
,
V Bremer
2   Robert Koch-Institut, Abteilung für Infektionsepidemiologie, Berlin
,
C Santos-Hövener
1   Robert Koch-Institut, Abteilung für Epidemiologie und Gesundheitsmonitoring, Berlin
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Publication History

Publication Date:
23 August 2019 (online)

 

Einleitung:

Auf Migrant/innen aus Subsahara-Afrika (MiSSA) entfielen in den letzten Jahren 10 – 15% der HIV-Erstdiagnosen; die Diagnosen erfolgen häufig später als in anderen Gruppen. Vor diesem Hintergrund wurde 2011 ein partizipativer Prozess initiiert, der in einem Studiendesign zur Erhebung von Infektionsrisiken und Informationsbedarfen unter MiSSA mündete.

Methoden:

In Kooperation mit lokalen Partnerorganisationen wurden anhand eines standardisierten Fragebogens Daten zu Wissen, Verhalten und Einstellungen zu HIV und anderen sexuell übertragbaren Infektionen (STI) an sechs Standorten in Deutschland erhoben. Die Rekrutierung von Teilnehmenden erfolgte durch geschulte Peer Researcher, also Mitglieder der lokalen afrikanischen Communities. Fragebögen auf Deutsch, Englisch oder Französisch konnten selbst oder in Interviews ausgefüllt werden.

Ergebnisse:

Von 3.040 Teilnehmenden waren 46% weiblich, der Altersmedian lag bei 31, die mediane Aufenthaltszeit in Deutschland bei fünf Jahren. Die Mehrheit war über die Krankenversicherungskarte regulär ins Gesundheitssystem eingebunden (82%), jede/r Zehnte benötigte einen Behandlungsschein vom Sozialamt und 7% waren nicht krankenversichert. Allgemeines Wissen zu HIV war gut, Informationsbedarfe zeigten sich bezüglich spezifischer Aussagen zu HIV sowie zu STI, insbesondere in Subgruppen wie z.B. jüngere MiSSA. Knapp zwei Drittel (61%) hatten jemals einen HIV-Test machen lassen, STI-Testungen waren selten (35%); auch hier zeigten sich Subgruppenunterschiede. Zusammenhänge zwischen Stigmatisierung und der Inanspruchnahme von Testungen wurden ebenfalls deutlich. Infektionsrisiken zeigten sich insbesondere hinsichtlich angegebenen Kondomverzichts, aber auch bezüglich sexualisierter Gewalt.

Diskussion:

Der partizipative Studienansatz ermöglichte das Erreichen einer heterogenen Gruppe sowie vulnerabler Subgruppen. Die Ergebnisse deuten auf die Wichtigkeit der Themen Hepatitis, STI und spezifische Informationen zu HIV sowie auf eine nötige Erhöhung der Testbereitschaft hin.