Gesundheitswesen 2019; 81(08/09): 683
DOI: 10.1055/s-0039-1694414
Kongresstag 2: 17.09.2019
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Individuelles Belastungs- und Beanspruchungsmonitoring im betrieblichen Kontext – Ergebnisse einer digitalen Tagebuchstudie im Projekt BalanceGuard

M Neblik
1   Landesinstitut für Arbeitsgestaltung des Landes Nordrhein-Westfalen, Bochum
,
L Kaun
1   Landesinstitut für Arbeitsgestaltung des Landes Nordrhein-Westfalen, Bochum
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Publication Date:
23 August 2019 (online)

 

Eine differenzierte Betrachtung psychischer Belastungen wird vor dem Hintergrund steigender (Koordinations-)Anforderungen an Beschäftigte durch hohe Arbeitsintensität und zunehmende Flexibilisierung der Arbeit immer wichtiger. Obwohl einschlägige Studien zum Zusammenwirken von beruflichen und privaten Belastungen vorliegen (z.B. Byron, 2005; Sonnentag, Arbeus, Mahn & Fritz, 2014), ist insgesamt wenig über das Zusammenwirken und die zeitliche Dynamik von Belastungs- und Beanspruchungserleben bekannt. Es stellt sich u.a. die Frage, wie man in einer ‚modernen' Arbeitswelt arbeitsbedingte gesundheitliche Risiken der Beschäftigten erkennen kann, um wirksame Präventionsmaßnahmen ableiten zu können.

Vor diesem Hintergrund wurden innerhalb des BMBF-Verbundprojektes BalanceGuard (LIA.nrw (2019)) eine Web-Anwendung und unterstützende Begleitangebote entwickelt und erprobt. Mit der Web-Anwendung können Beschäftigte ihre psychischen Belastungsfaktoren aus Arbeit und Privatleben sowie ihre Beanspruchung im Zeitverlauf messen (Tagebuchverfahren). Zusätzlich können anonymisierte Daten auf Gruppenebene zur Organisationsentwicklung eingesetzt werden. Die implementierten Fragebögen basieren auf einem Wirkungsmodell, welches Ideen verschiedener arbeitspsychologischer Modelle und Theorien vereinigt (u.a. dem Job Demands-Resources Modell (Bakker & Demerouti, 2007)).

Es wird untersucht, inwiefern Stressoren und Ressourcen aus dem Arbeits- und Privatleben auf das Beanspruchungserleben der Beschäftigten wirken. Die Datengrundlage bilden Beschäftigte aus Unternehmensfallstudien des Projektes BalanceGuard. Als Methode wird, aufgrund der hierarchischen Datenstruktur, die Mehrebenenanalyse gewählt. Das resultierende Modell bestätigt einige der im Wirkungsmodell postulierten Zusammenhänge. Die Ergebnisse zeigen u.a., dass das subjektive Beanspruchungserleben innerhalb der Beschäftigten über die Zeit hinweg stark variieren kann.

Zur Untersuchung von Wirkmechanismen und kurzfristigen Beanspruchungsfolgen können Tagebuchverfahren einen wichtigen Beitrag leisten. Zur Generalisierbarkeit und für vertiefende Analysen sind größere branchenübergreifende Stichproben mit heterogenen Belegschaften erkenntnisförderlich.

Quellen:

Bakker, A. B. & Demerouti, E. (2007). The Job Demands-Resources Model: State of the art. Journal of Managerial Psychology, 22 (3), 309 – 328.

Byron, K. (2005). A meta-analytic review of work-family conflict and its antecedents. Journal of Vocational Behavior, 67, 169 – 198.

LIA.nrw – Landesinstitut für Arbeitsgestaltung des Landes Nordrhein-Westfalen (2019): Homepage des Projekts BalanceGuard – Entwicklung und Erprobung eines Assistenzsystems für ganzheitliches Beanspruchungsmonitoring und gesunde Arbeit. Abgerufen von www.balanceguard.de.

Sonnentag, S., Arbeus., H., Mahn, C., Fritz, C. (2014). Exhaustion and lack of psychological detachment from work during off-job time: Moderator effects of time pressure and leisure experiences. Journal of Occupational Health Psychology 19 (2): 206 – 216.