Gesundheitswesen 2019; 81(08/09): 684-685
DOI: 10.1055/s-0039-1694418
Kongresstag 2: 17.09.2019
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Rauchfreie Autos in 7 Ländern der Europäischen Union: Zum Ausmaß und den Ungleichheiten in der Passivrauchbelastung Jugendlicher in Kraftfahrzeugen

M Mlinarić
1   Institut für Medizinische Soziologie (IMS), Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Halle (Saale)
,
M Schreuders
2   Department of Public Health, Amsterdam UMC, University of Amsterdam, Amsterdam Public Health Research Institute, Amsterdam
,
U Mons
3   Cancer Prevention Unit, German Cancer Research Center (DKFZ), Heidelberg
,
A Kunst
2   Department of Public Health, Amsterdam UMC, University of Amsterdam, Amsterdam Public Health Research Institute, Amsterdam
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Publication History

Publication Date:
23 August 2019 (online)

 

Einleitung:

In Hocheinkommensländern sind Innenräume von Automobilen eine wesentliche Quelle von toxischer Passivrauchbelastung für Kinder und Jugendliche. Bislang ist jedoch wenig über das Ausmaß dieses Problems in europäischen Ländern bekannt. Die quantitative Studie untersucht die Passivrauchbelastung im Auto unter Jugendlichen in sieben Mitgliedsstaaten der Europäischen Union (EU) mit besonderem Fokus auf Ungleichheiten.

Methoden:

Daten zur selbstberichteten Passivrauchbelastung im Auto (letzte Woche) wurden im Rahmen der Querschnittsstudie SILNE-R (2016/17) bei 14 – 17-jährigen Jugendlichen (n = 10,481) in sieben EU-Ländern erhoben. Multivariate logistische Regressionsmodelle wurden im Hinblick auf soziodemographische (Alter, Geschlecht, Migration), sozioökonomische (elterliche Bildung) und rauchspezifische Mediatoren (Rauchstatus, rauchende Eltern, häusliche Rauchregeln, rauchende Freunde) angewandt.

Ergebnisse:

Die wöchentliche Passivrauchbelastung variiert entlang der sieben EU-Länder beträchtlich: 6% in Finnland, 12% in Irland, 15% in den Niederlanden, 19% in Deutschland, 23% in Portugal, 36% in Belgien und 43% in Italien. In Belgien, Portugal und Italien berichtet ein signifikant höherer Anteil eine Exposition an mindestens 3 Tagen in der Woche. Eine niedrige elterliche Bildung sowie ein zweiseitiger Migrationshintergrund sind nach Kontrolle für rauchspezifische Mediatoren signifikant mit Passivrauchbelastung im Auto assoziiert.

Diskussion:

In den untersuchten EU-Ländern ist ein beträchtlicher Anteil von Jugendlichen – vornehmlich mit niedrigen sozioökonomischen Status – Passivrauchbelastung in Autos ausgesetzt. Die dokumentierten Länderdifferenzen lassen sich hinsichtlich Unterschiede in der erwachsenen Raucherprävalenz, konkreten Durchsetzung von Tabakkontrollpolitiken, kulturellen Gegebenheiten (z.B. holländische „Fahrradnation“) aber auch klimatischen Bedingungen interpretieren. Da rauchfreie Autogesetzgebungen langfristig wirken und ein hohes Maß an öffentlicher Unterstützung genießen, legen unsere Ergebnisse nahe dass diese – auch in Deutschland – zu einer Verringerung von sozialen Ungleichheiten im Rauchen beitragen würden.