Gesundheitswesen 2019; 81(08/09): 690-691
DOI: 10.1055/s-0039-1694438
Kongresstag 2: 17.09.2019
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Geschlechterunterschiede im anamnestischen Vorgehen bei Herzinsuffizienz

S Koens
1   Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Institut für Medizinische Soziologie, Hamburg
,
G Marx
2   Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Institut und Poliklinik für Allgemeinmedizin, Hamburg
,
C Gras
2   Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Institut und Poliklinik für Allgemeinmedizin, Hamburg
,
M Scherer
2   Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Institut und Poliklinik für Allgemeinmedizin, Hamburg
,
O von dem Knesebeck
1   Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Institut für Medizinische Soziologie, Hamburg
› Author Affiliations
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Publication History

Publication Date:
23 August 2019 (online)

 

Einleitung:

Vereinzelte internationale Studien legen nahe, dass es Geschlechterunterschiede im diagnostischen Vorgehen bei Herzinsuffizienz gibt. Ziel der Studie ist es, diese Disparitäten hinsichtlich der anamnestischen Vorgehensweise erstmals systematisch in Deutschland zu untersuchen.

Methode:

Es wurde ein faktorielles Design unter Verwendung von Videovignetten angewendet. In den Videos stellten professionelle Schauspieler*innen Patient*innen mit Herzinsuffizienzsymptomen dar (z.B. Belastungsluftnot, Müdigkeit, Husten). Der simulierte 7-minütige Dialog war in allen Videos identisch. Die Patient*innen unterschieden sich im Hinblick auf Geschlecht (m/w), Alter (55 Jahre/75 Jahre) und türkischen Migrationshintergrund (ja/nein). Die Videos wurden hausärztlich tätigen Allgemeinmediziner*innen und Internist*innen präsentiert. Anschließend wurden die Hausärzt*innen gefragt, ob sie der Person in dem Video weitere Fragen stellen würden und wenn ja, was sie fragen würden.

Ergebnisse:

Zwischen Juni 2018 und Februar 2019 wurden 128 hausärztlich tätige Ärzt*innen (64 w/64 m) in Hamburg und im Umland befragt. Im Vergleich zu Ärzten gaben Ärztinnen signifikant häufiger an, der Person im Video weitere Fragen stellen zu wollen. Zudem würden Ärztinnen signifikant häufiger Fragen zur psychosozialen Anamnese und zum Rauchverhalten stellen. In Bezug auf das Geschlecht in der Vignette zeigten sich keine signifikanten Unterschiede hinsichtlich der Frage ob weitere Fragen gestellt würden. Allerdings würden die Befragten bei einem Patienten verglichen mit einer Patientin signifikant häufiger nach Verhaltensweisen, insbesondere nach dem Rauchverhalten fragen. Hinsichtlich der vegetativen Anamnese und Fragen zur medizinische Vorgeschichte sowie den geschilderten Symptomen zeigten sich keine signifikanten Geschlechterunterschiede.

Diskussion:

Trotz identischer Symptomschilderung zeigen sich einige Geschlechterunterschiede im anamnestischen Vorgehen. Dies steht im Gegensatz zu Leitlinien, welche bei allen Patient*innen mit Herzinsuffizienzeichen eine gründliche Anamnese empfehlen.