Gesundheitswesen 2019; 81(08/09): 718
DOI: 10.1055/s-0039-1694525
Kongresstag 2: 17.09.2019
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Gesundheitskompetenz von Menschen mit Migrationshintergrund – konzeptionelle Überlegungen zur Definition und Erfassung

EM Berens
1   Universität Bielefeld, Interdisziplinäres Zentrum für Gesundheitskompetenzforschung, Bielefeld
,
M Mensing
1   Universität Bielefeld, Interdisziplinäres Zentrum für Gesundheitskompetenzforschung, Bielefeld
,
J Klinger
2   Universität zu Köln, Institut für Soziologie und Sozialpsychologie (ISS), Köln
,
S Carol
2   Universität zu Köln, Institut für Soziologie und Sozialpsychologie (ISS), Köln
,
D Schaeffer
1   Universität Bielefeld, Interdisziplinäres Zentrum für Gesundheitskompetenzforschung, Bielefeld
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Publication History

Publication Date:
23 August 2019 (online)

 

Einleitung:

Menschen mit Migrationshintergrund (MMH) machen einen steigenden Anteil der Bevölkerung Deutschlands aus. Sie haben jedoch oft größere Schwierigkeiten, sich im deutschen Gesundheitssystem zurechtzufinden und gehören zu den vulnerablen Gruppen mit niedriger Gesundheitskompetenz. Bislang liegen allerdings noch zu wenige Studien über die Gesundheitskompetenz von MMH in Deutschland vor. Ziel des von der Robert Bosch-Stiftung geförderten Projekts HLS-MIG ist es daher, die Konzeption und Erfassung der Gesundheitskompetenz von MMH weiterzuentwickeln, vertiefende Daten zu generieren und damit eine Grundlage für die Interventionsentwicklung zu schaffen.

Methode:

Für die Erhebung der Gesundheitskompetenz bei MMH wurde zunächst eine umfassende Literaturrecherche in einschlägigen Fachdatenbanken durchgeführt und per Schneeballsystem erweitert, welche die Definition und Operationalisierung von Gesundheitskompetenz spezifisch bei MMH in den Blick nimmt.

Ergebnisse:

Gesundheitskompetenz bei MMH wird bislang zumeist mit allgemeinen Messinstrumenten zur Gesundheitskompetenz erfasst. International finden sowohl performancebasierte, als auch Selbsteinschätzungsinstrumente, wie der HLS-EU-Q, Anwendung. Migrationsspezifische Kompetenzen, wie das Finden von Informationen über Gesundheit in einer für sie verständlichen Sprache, werden bislang wenig berücksichtigt und konzeptionell kaum diskutiert.

Diskussion:

Die Anwendung performancebasierter Instrumente in deutscher Sprache gibt vorrangig Auskunft über vorliegende Sprachdefizite bei MMH, weniger über Kompetenzen im Umgang mit Gesundheitsinformationen. Selbsteinschätzungsinstrumente ermöglichen es hingegen, diese Schwierigkeiten und Herausforderungen zu erfassen. Die Wahl der Befragungssprache wirkt sich dabei nicht grundsätzlich auf die Interpretation der Ergebnisse aus, wenngleich systematische Unterschiede z.B. in sozial erwünschtem Antwortverhalten die Ergebnisse beeinflussen können. Um die Gesundheitskompetenz von MMH detailliert erfassen und interpretieren zu können, ist es jedoch notwendig, künftig auch die Frage migrationsspezifischer Kompetenzen stärker zu diskutieren bzw. zu berücksichtigen.