CC BY-NC-ND 4.0 · Pädiatrie up2date 2019; 14(01): 71-85
DOI: 10.1055/s-0043-115285
Neuropädiatrie/Psychiatrie
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Primäre Kopfschmerzen bei Kindern und Jugendlichen – Update 2019

Michaela V. Bonfert*
,
Mirjam N. Landgraf*
,
Nina Mathonia
,
Lucia Gerstl
,
Iris Hannibal
,
Birte Rahmsdorf
,
Christine Kainz
,
Katharina Badura
,
Birgit Klose
,
Ruth Ruscheweyh
,
Rüdiger von Kries
,
Andreas Straube
,
Florian Heinen
Further Information

Publication History

Publication Date:
28 March 2019 (online)

Primäre Kopfschmerzen sind im Kindes- und Jugendalter häufig – in der Praxis sind sie ein Nummer-1-Grund zur Vorstellung [1], [2]. In Abhängigkeit vom Verlauf führen Kopfschmerzen aufgrund Frequenz, Intensität, Dauer und Zeichen einer Chronifizierung zur Inanspruchnahme weiterer spezialisierter medizinischer, paramedizinischer und psychologischer Leistungen. Der Beitrag leistet ein differenziertes Update.

Kernaussagen
  • Primäre Kopfschmerzen sind – beginnend im Kindesalter und mit einem typischen Gipfel bei den Jugendlichen – ein Nummer-1-Gesundheitsproblem.

  • Mit der ärztlichen Diagnosesicherung durch Anamnese, klinische Untersuchung und Verlaufsbeurteilung (selten mit der Notwendigkeit ergänzender apparativer Diagnostik) kann ein patientenzentriertes, modulares, im Verlauf flexibel erweiterbares oder wieder reduzierbares Therapiekonzept definiert und mit bzw. für den Patienten angepasst werden.

  • Primäre Kopfschmerzen sind wissenschaftlich unterrepräsentiert („the most underfunded neurological problem“, [48]).

  • Schlüsselfunktion hat der ärztlich-klinische Zugang mit Anamnese und differenzierter körperlicher Untersuchung, die Elemente aus der Kinderneurologie für Hirnnerven und Nackenmuskulatur berücksichtigend. Die Diagnose kann i. d. R. zuverlässig klinisch gestellt werden.

  • Die Diagnosekriterien für Migräne und Spannungskopfschmerzen sind in der Klassifikation der Internationalen Kopfschmerzgesellschaft (ICHD-3) von 2018 formuliert.

  • Die Kinder- und JugendärztInnen entscheiden bei primären Kopfschmerzen pragmatisch zwischen den Polen „fokussieren“ und „ablenken und belasten“.

  • Jenseits der unkomplizierten Verläufe ist ein interdisziplinäres, „dreidimensionales“ Team aus Pädiatrie, Psychologie und Physiotherapie zu fordern.

  • Der trigeminozervikale Komplex ist ein innovatives, pathophysiologisch begründetes Arbeitskonzept zur erfolgreichen Therapie von Kopfschmerzen bei Kindern und Jugendlichen.

  • Nicht medikamentös ist das Erreichen von Selbstwirksamkeit ein ebenso abstraktes wie konkretes Ziel, dabei wird ein aktives Selbstmanagement angestrebt.

  • Die Akutmedikation von Migräneattacken wird mit erprobten Medikamenten offensiv gestaltet.

  • Die Prophylaxe von chronischen Kopfschmerzen ist hinsichtlich Medikamenteneinsatz defensiv und setzt das gestaffelte Ausschöpfen nicht medikamentöser Verfahren voraus.

* geteilte Erstautorenschaft