Gesundheitswesen 2023; 85(S 01): S82
DOI: 10.1055/s-0043-1762826
Abstracts | BVÖGD/BZÖG
29.04.2023
Fachausschuss Infektionsschutz – Block 5 – Infektionsschutz 2
11:00 – 12:30 ‖ Fachtagungsraum 0.226

Drei Fälle von Flughafenmalaria in Frankfurt am Main

Autoren

  • J. Haller

    1   Gesundheitsamt Frankfurt am Main, Abteilung Infektiologie, Frankfurt am Main
  • J. Kessel

    2   Universitätsklinik Frankfurt am Main, Med. Klinik II, Infektiologie, Frankfurt am Main
  • T. Wolf

    2   Universitätsklinik Frankfurt am Main, Med. Klinik II, Infektiologie, Frankfurt am Main
  • T. Dingwerth

    3   Deutsche Lufthansa AG, Medical Service and Health Management, Frankfurt am Main
  • M. Sroka

    4   Fraport AG, Medical Center, Frankfurt am Main
  • G. Falkenhorst

    5   Robert Koch-Institut, Abteilung für Infektionsepidemiologie, Berlin
  • C. Kleine

    1   Gesundheitsamt Frankfurt am Main, Abteilung Infektiologie, Frankfurt am Main
  • P. Tinnemann

    1   Gesundheitsamt Frankfurt am Main, Abteilung Infektiologie, Frankfurt am Main
  • A. Walczok

    1   Gesundheitsamt Frankfurt am Main, Abteilung Infektiologie, Frankfurt am Main
  • U. Götsch

    1   Gesundheitsamt Frankfurt am Main, Abteilung Infektiologie, Frankfurt am Main
 

Hintergrund Werden mit Plasmodien infizierte Anophelesmücken in malariafreie Regionen eingeschleppt, so kann es dort bei Personen, die sich am Flughafen oder in dessen Nähe aufhalten, zu einer Malariaerkrankung kommen. Diese sogenannte Flughafenmalaria tritt meistens in Form von Einzelfällen auf und ist insgesamt ein seltenes Ereignis. In Deutschland wurden zuletzt 2019 zwei Fälle bei Mitarbeitern des Flughafens Frankfurt berichtet.

Fallbeschreibung Die Universitätsklinik Frankfurt am Main meldete dem Robert Koch-Institut (RKI) und dem Gesundheitsamt Frankfurt am Main am 12. Juli 2022 erneut zwei Fälle von Malaria tropica bei Flughafenmitarbeitern ohne Reiseanamnese. Einer der beiden war als Busfahrer, der andere als Staplerfahrer beschäftigt. Daraufhin wurden die Beschäftigten am Flughafen Frankfurt International mittels Intranet über das Ereignis und das geringe Risiko einer Malaria informiert, auf das behandelnde Ärzte bei unklarem Fieber aufmerksam gemacht werden sollten. Des Weiteren wurde von Mitarbeitern des Gesundheitsamtes die Halle begangen, in der der Staplerfahrer beschäftigt war. Mögliche Mückenbrutstätten in Form stehenden Wassers fanden sich nicht. Weder einheimische noch tropische Anophelesmücken konnten in den unverzüglich in der Halle aufgestellten Mückenfallen gefangen werden. Auch ergaben sich durch Anfrage beim RKI keine Hinweise auf weitere Malariafälle von Personen ohne entsprechende Reiseanamnese mit Wohnsitz in der Nähe des Flughafens Frankfurt International. Der dritte Fall einer Malaria tropica betraf einen im Sicherheitsdienst am Frankfurter Flughafen Beschäftigten. Wie die beiden anderen beschriebenen Personen war er bereits Mitte Juli 2022 fieberhaft erkrankt. Er begab sich nach einem kurzen Aufenthalt in einem hessischen Krankenhaus zu Verwandten nach Niedersachsen und wurde dort mehrfach wegen rezidivierenden Fiebers, Anämie und Thrombocytopenie stationär behandelt, bevor Mitte September die Malaria diagnostiziert wurde.

Diskussion Fälle von Flughafenmalaria, bei denen in zeitlichem und räumlichem Zusammenhang zwei Personen durch identische Plasmodienstämme infiziert wurden, sind aus Frankfurt (Wieters, I.) und Brüssel (van Bortel, W.) bekannt. In der von uns beschriebenen Kasuistik sind drei am Flughafen Frankfurt International beschäftigte Personen mit nahezu zeitgleichem Erkrankungsbeginn betroffen, die in unterschiedlichen Bereichen arbeiten. Der Flugradius von Anophelesmücken kann mehrere Kilometer betragen, die Lebensdauer bis zu 20 Tage, so dass möglicherweise eine einzelne Mücke die drei Erkrankungen verursacht hat. Ob die Plasmodienstämme der drei Patienten identisch sind, soll eine Genomsequenzierung zeigen, deren Ergebnisse noch ausstehen. Der dritte Fall macht deutlich, dass die Flughafenmalaria als mögliche Fieberursache nicht konsequent in Betracht gezogen wird, zumal bei großem Abstand der Klinik von einem Flughafen mit Flugverbindungen in tropische Länder. Daher muss die Ärzteschaft immer wieder an diese seltene, aber wegen der lebensbedrohlichen Folgen wichtige Differenzialdiagnose erinnert werden. Mit diesem Ziel wurde in der Ärztezeitung vom 6.12.2019 über die zwei wenige Monate zuvor in Frankfurt am Main aufgetretenen Fälle von Flughafenmalaria berichtet, im Epidemiologischen Bulletin 32/2022 über die aktuellen Fälle. Eine weitere Veröffentlichung ist nach Abschluss der molekulargenetischen Untersuchungen geplant.



Publikationsverlauf

Artikel online veröffentlicht:
08. März 2023

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