Aktuelle Ernährungsmedizin 2023; 48(03): E7-E8
DOI: 10.1055/s-0043-1768097
Abstracts

Prävalenz und Profil geriatrischer Patienten/-innen mit Altersanorexie

L. Göger
1   Deutsches Institut für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke, Nuthetal
,
C. Herpich
1   Deutsches Institut für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke, Nuthetal
2   Universität Potsdam, Institut für Ernährungswissenschaften, Nuthetal
3   Charité - Universitätsmedizin Berlin Klinik für Geriatrie und Altersmedizin, Berlin
,
L. Faust
3   Charité - Universitätsmedizin Berlin Klinik für Geriatrie und Altersmedizin, Berlin
,
M. Kalymon
3   Charité - Universitätsmedizin Berlin Klinik für Geriatrie und Altersmedizin, Berlin
,
V. Moskiou
3   Charité - Universitätsmedizin Berlin Klinik für Geriatrie und Altersmedizin, Berlin
,
U. Müller-Werdan
3   Charité - Universitätsmedizin Berlin Klinik für Geriatrie und Altersmedizin, Berlin
,
K. Norman
1   Deutsches Institut für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke, Nuthetal
2   Universität Potsdam, Institut für Ernährungswissenschaften, Nuthetal
3   Charité - Universitätsmedizin Berlin Klinik für Geriatrie und Altersmedizin, Berlin
› Author Affiliations
 

Einleitung  Die Relevanz der Altersanorexie ergibt sich aus dem Risiko einer resultierenden Mangelernährung und eines erhöhten Mortalitätsrisikos. Das Ziel der Analyse war es, Patienten/-innen mit Altersanorexie zu charakterisieren und den Zusammenhang mit parallel auftretenden Erkrankungen bzw. geriatrischen Syndromen zu untersuchen.

Material und Methodik  Altersanorexie wurde bei 207 geriatrischen Patienten/-innen mittels Simplified Nutritional Appetite Questionnaire (SNAQ) bestimmt (≤14 Punkte). Mangelernährung wurde durch den Short-Form Mini-Nutritional Assessment (MNA-SF) ermittelt und ein ungewollter Gewichtsverlust innerhalb der letzten drei bzw. sechs Monate erfragt. Frailty-Bestimmung erfolgte anhand des Phänotyps von Fried, Fatigue wurde durch den Brief Fatigue Inventory ermittelt, das Sarkopenie-Risiko durch einen validierten Sarkopenie-Fragebogen (SARC-F) und das Depressionsrisiko durch den Center for Epidemiologic Studies Depression Scale Fragebogen. Gruppenvergleiche und –unterschiede wurden mittels Mann-Whitney-U-Test oder dem Chi2-Häufigkeitstest berechnet. Zusammenhänge zwischen geriatrischen Phänotypen und Altersanorexie wurden mittels linearer Regression untersucht.

Ergebnisse  Die Prävalenz einer Altersanorexie lag bei 40,6%. Patienten/-innen mit Altersanorexie zeigten häufiger Anzeichen einer Mangelernährung, Frailty und Sarkopenie, sowie einer schweren Fatigue und Depression als Patienten/-innen ohne Altersanorexie ([Tab. 1]). Kein Unterschied war beim ungewollten Gewichtsverlust nach drei (p=0,666) bzw. sechs Monaten (p=0,182) ersichtlich. Regressionsanalysen adjustiert für Alter, Geschlecht, BMI, Anzahl der Komorbiditäten und Medikamente zeigten zudem signifikante Assoziationen zwischen der SNAQ-Gesamtpunktzahl und den Gesamtpunktzahlen der Fragebögen zu Frailty (β±SE:-0,16±0,03; 95%KI:-0,23;-0,10; p<0,001), dem Sarkopenie-Risiko (β±SE:-0,29±0,07; 95%KI:-0,43;-0,15; p<0,001), Fatigue (β±SE:-0,39±0,06; 95%KI:-0,52;-0,27; p<0,001), sowie dem Depressionsrisiko (β±SE:-0,10±0,02; 95%KI:-0,13;-0,07; p<0,001).

Tab. 1 Charakteristika der Studienkohorte sowie Vergleich von Patienten/-innen mit und ohne Altersanorexie.

Patienten/-innen ohne Altersanorexie (n=123)

Patienten/-innen mit Altersanorexie (n=84)

p-Wert

Frauen[%]

52,0

56,0

0,579

Alter[Jahre]

79,3±6,68

78,7±7,76

0,476

BMI[kg/m2]

27,9±6,24

26,2±5,70

0,017

Komorbiditäten [Anzahl]

6±4,1

7±3,8

0,062

Risikofaktoren Mangelernährung[%]

25,2

51,2

<0,001

Frail[%]

56,9

82,1

<0,001

Schwere Fatigue[%]

4,9

15,5

0,010

Risiko für Sarkopenie[%]

68,3

89,3

<0,001

Risiko für schwere Depression[%]

18,7

47,6

<0,001

Zusammenfassung  Die Assoziation der Altersanorexie mit weiteren geriatrischen Phänotypen spiegelt die multifaktorielle Natur des Syndroms wider. In dieser Analyse wurden Patienten/-innen identifiziert, die trotz Anorexie und Risikofaktoren für eine Mangelernährung bisher keinen Gewichtsverlust hatten. Vermutlich ist bei diesen Patienten/-innen mit einem Gewichtsverlust in den kommenden Monaten zu rechnen und somit eine Intervention entscheidend.



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Article published online:
26 May 2023

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