RSS-Feed abonnieren
DOI: 10.1055/s-0045-1801930
Gemeinsam forschen auf Augenhöhe im ÖGD: Netzwerk forGe370+
Im Öffentlichen Gesundheitsdienst (ÖGD) liegen zahlreiche Daten vor, die aufgrund gesetzlicher Vorgaben erhoben und gespeichert werden. Die tiefere Analyse dieser Daten sowie deren Aufbereitung und wissenschaftliche Publikation für die nationale sowie internationale Fachöffentlichkeit erfolgen derzeit nur vereinzelt. Wissenschaftliche Expertise, methodisches Fachwissen und Motivation sind im ÖGD zwar reichlich vorhanden, dennoch werden viele Vorhaben nicht in die Tat umgesetzt. Als Hürden werden hier beschrieben, dass es in der Regel keine etablierten Kooperationen zwischen Gesundheitsämtern und Universitäten gibt, sich die Suche nach geeigneten Fachzeitschriften schwierig gestaltet und es eher wenig Publikationserfahrung gibt.
Aus diesem Grund wurde 2022 auf Initiative der 14 Großstadtgesundheitsämter Deutschlands ein Netzwerk von forschungsinteressierten Gesundheitsämtern unter Einbindung einer universitären Partnerin gegründet. Das Forschungsnetzwerk forGe370+ hat derzeit 23 Mitgliedsgesundheitsämter (Stand: August 2024) und widmet sich im ersten Projekt der Auswertung von COVID-19-Daten.
Innovativ an dem Netzwerk forGe370+ sind mehrere Aspekte: Zum einen ist es ein selbstbestimmtes Netzwerk ‚aus dem ÖGD heraus‘ und daher unabhängig von Forschungseinrichtungen oder weiteren Institutionen. Zum anderen ist das Netzwerk interdisziplinär aufgestellt und spiegelt damit die Vielfalt und Interessen der wissenschaftlichen Berufsgruppen im ÖGD wider. Durch die gemeinsame Bearbeitung, die standardisierten Vorgehensweisen und die zentrale Organisation aller Formalitäten durch eine Studienleitung ist es auch kleineren Gesundheitsämtern möglich, sich fachlich einzubringen. Dadurch kommt eine große und breit gefächerte Menge an Daten zusammen, die die Situation in Deutschland gut abbildet.
Mit den bereits vertretenen Mitgliedsgesundheitsämtern und der offenen Netzwerkstruktur hat forGe370+ das Potential, einen relevanten Beitrag für die derzeit oft geforderte Verzahnung von Wissenschaft und Praxis im ÖGD zu leisten. Nicht zuletzt soll das Netzwerk der strukturellen und zukunftsorientierten Weiterentwicklung des öffentlichen Gesundheitsdienstes in Deutschland dienen, indem neben vielen Gesundheitsämtern und ÖGD-Professuren auch z.B. Forschungsinstitute integriert werden.
Das noch junge Netzwerk ist offen für alle Beschäftigen im ÖGD, die sich mit ihrer wissenschaftlichen Expertise und Erfahrung einbringen möchten. Das Netzwerk möchte weiter wachsen und sich mit Hilfe der in allen Gesundheitsämtern vorhandenen Expertise zu einer etablierten Forschungsplattform im ÖGD entwickeln. Der Workshop verfolgt drei Ziele: Er soll erstens dazu dienen, Interessierten das Netzwerk vorzustellen. Zweitens soll er allen aktuellen und potenziellen Mitgliedern die Möglichkeit geben, sich besser kennenzulernen und fachlich auszutauschen. Und drittens sollen auf dem Workshop gemeinsam mit allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern konkret Entwicklungspotentiale erarbeitet werden.
Der von der Studienleitung moderierte Workshop besteht aus zwei kurzen Impulsvorträgen (jeweils 10 Minuten), einer interaktiven Workshopphase (60 Minuten) sowie einem Abschlussplenum (10 Minuten).
Impuls 1: Zwei Jahre forGe370+: Wir ziehen Bilanz
J. Hellinckx, R. Zöllner, A. Galante-Gottschalk
Bei der Gründung des Forschungsnetzwerkes mussten zunächst die Aufbauorganisation festgelegt und Funktionsbeschreibungen erarbeitet werden. Außerdem mussten die vertraglichen Grundlagen der Zusammenarbeit sowie datenschutzrechtliche Grundsätze geklärt und schriftlich fixiert werden. Die Projektarbeit wurde so strukturiert, dass konkrete Arbeitspakete parallel durch mehrere Gesundheitsämter bearbeitet werden und somit Synergieeffekte für alle beteiligten Gesundheitsämter entstehen. Um die Datensammlungen zu standardisieren und die unterschiedlichen Prozesse zu verstehen, waren viele Abklärungen innerhalb des Netzwerkes sowie innerhalb der beteiligten Ämter notwendig. Die Zusammenarbeit ist geprägt von einer hohen Motivations- sowie Kommunikationsbereitschaft, um das gemeinsame Ziel „Lehren aus der Pandemie“ zu erreichen.
Impuls 2: Methodik und erste Ergebnisse der Daten aus Stuttgart und Frankfurt am Main
E. Rehfuess, J. Wüste-Rieback, A. Leibinger, B. Strahwald
Für eine weitgehend standardisierte Aufbereitung der Daten aus den beteiligten Gesundheitsämtern wurde ein R-Skript an der LMU München entwickelt. Die COVID-19 Meldedaten der Gesundheitsämter Stuttgart und Frankfurt a.M. dienten als Grundlage für erste deskriptive und visuelle Analysen zum Thema Datenqualität. Graphische Darstellungen zeigen Datenverfügbarkeit, potenzielle Lücken und die Entwicklung von Meldeverzügen während der Pandemie.
Nachdem alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer durch die Impulsvorträge inhaltlich abgeholt wurden, beginnt die interaktive Workshopphase. Hier sollen die Teilnehmer*innen miteinander ins Gespräch kommen und verschiedene Aspekte der Weiterentwicklung des Netzwerks diskutieren und erarbeiten.
Dazu wird es vier moderierte Thementische geben, die rotierend aufgesucht werden. Die Arbeit an den Thementischen wird jeweils durch Mitglieder aus dem bestehenden Netzwerk moderiert. Sie führen in wenigen Sätzen in das Thema ein, erläutern die im Vorfeld formulierten Leitfragen sowie den Arbeitsauftrag. Damit leiten sie in die Arbeitsphase über. Nun können die Teilnehmer*innen diskutieren und kreativ Ideen entwickeln. Alle Thementische sind mit Materialien aus einem Moderationskoffer ausgestattet, so dass die Ergebnisse mit Hilfe des Moderators oder der Moderatorin schriftlich festgehalten und geclustert werden können.
An den Tischen werden folgende Themen erarbeitet:
-
GemEinsam sind wir stark?
Systematische Erarbeitung von Chancen und Herausforderungen bei der gemeinschaftlichen Datenaufbereitung und –analyse durch Gesundheitsämter mit folgenden Leitfragen
-
Warum forschen wir?
-
Welche Vorteile sehen Sie bei der gemeinschaftlichen Forschungsarbeit?
-
Wie können wir den Herausforderungen konstruktiv begegnen?
-
Forschung auf Augenhöhe
Entwicklung von Empfehlungen für gemeinschaftliches Forschen von ÖGD und Universitäten unter Berücksichtigung der Bedürfnisse unterschiedlicher Gesundheitsämter mit folgenden Leitfragen
-
Was bedeutet Forschung auf Augenhöhe?
-
Wie kann man den Einstieg in Forschung ebnen?
Welche Hürden sind zu überwinden?
-
Gemeinsam in die Zukunft
Sammlung von geeigneten Themen und Forschungsfragen für forGe370+ mit folgenden Leitfragen
-
Welche Themen sind für Sie von Interesse? Dream big!
-
Wie lassen sich die genannten Themen untergliedern?
-
Welche konkreten Fragestellungen können abgeleitet werden?
-
Welcome @ forGe370+
Perspektivische Erweiterung des Netzwerks und systematische Sammlung weiterer Institutionen, die ins Netzwerk integriert werden können mit folgenden Leitfragen
-
Welche Institutionen auf kommunaler Ebene, auf Landesebene oder auf Bundesebene gibt es, die forGe370+ als Plattform nutzen können?
-
Welche Personen gibt es, die das Netzwerk bereichern?
Im gemeinsamen Abschlussplenum werden die Ergebnisse der Thementische durch die Moderator*innen kurz zusammengefasst und präsentiert. Alle Arbeitsergebnisse wird die Studienleitung aufbereiten, den Teilnehmerinnen und Teilnehmern im Nachgang zur Verfügung stellen und für die Weiterentwicklung des Netzwerks nutzen.
Publikationsverlauf
Artikel online veröffentlicht:
11. März 2025
© 2025. Thieme. All rights reserved.
Georg Thieme Verlag KG
Oswald-Hesse-Straße 50, 70469 Stuttgart, Germany