Gesundheitswesen 2025; 87(S 01): S23
DOI: 10.1055/s-0045-1801934
Abstracts │ BVÖGD, BZÖG, DGÖG, LGL
01.04.2025
Die vielfältigen Aufgaben des KJGD
11:30 – 13:00

Kinderschutz im Zahnärztlichen Gesundheitsdienst – IV Möglichkeiten des interdisziplinären Arbeitens innerhalb des KJGD

F Heuser
1   AG Kinderschutz des BZÖG, Bundesverband der Zahnärzte des Öffentlichen Gesundheitsdienstes
,
P Petrakakis
1   AG Kinderschutz des BZÖG, Bundesverband der Zahnärzte des Öffentlichen Gesundheitsdienstes
› Institutsangaben
 

Hintergrund: Die Zahnärztlichen Dienste der kommunalen Gesundheitsämter (ZÄD) haben durch ihre aufsuchenden zahnärztlichen Vorsorgeuntersuchungen in Kitas-, und Schulen einen guten und regelmäßigen Zugang zu Kindern und Heranwachsenden. Dadurch kann nicht nur eine Früherkennung von Zahn-, Mund-, Kieferkrankheiten erfolgen, es wird auch die Identifizierung einer potenziellen „Dentalen Vernachlässigung“ (DV) in einem relativ frühen Stadium ermöglicht. Eine DV äußert sich durch eine Nichtversorgung behandlungsbedürftiger Zähne trotz wiederholter Mitteilungen, Beratungsangebote und Hinweise an die Erziehungsberechtigten der betroffenen Kinder. Anhand bisheriger Beobachtungen und gemäß der Kinderschutzleitlinie der Deutschen Gesellschaft für Kinderschutz in der Medizin (DGKiM) kann eine DV ein erstes Anzeichen für eine weitergehende Kindesvernachlässigung/Kindeswohlgefährdung sein

Die interdisziplinäre Arbeit im Rahmen des Kinderschutzes ist dabei essentiell für eine erfolgreiche Etablierung eines Konzeptes zur Erkennung möglicher Kindeswohlgefährdungen und zur Adressierung von Hilfeangeboten.

Durch eine interdisziplinäre Fallbearbeitung können möglichst viele Facetten einer Kindeswohlgefährdung beleuchtet und daraus angemessene Handlungsstrategien entwickelt werden. Diese Handlungsstrategien können durch die Installation eigener Hilfs- und Beratungsangebote geprägt sein oder aber auch externe Akteure in Form der Jugendhilfe einbeziehen.

Umsetzung: Zur Ermöglichung eines intensiven Austausches zwischen den relevanten Akteuren innerhalb des Gesundheitsamtes bedarf es hier eines Forums um mögliche Verdachtsfälle einer Kindeswohlgefährdung erörtern zu können.

Hier eignen sich hier nicht nur der Kinder- und Jugendärztliche Dienst und der Zahnärztliche Dienst als Stakeholder. Vielmehr können sämtliche Dienste, die Kontakt mit Kindern und (werdenden) Eltern haben, hier partizipieren. Hierzu zählen zum Beispiel das Netzwerk frühe Hilfen, der Sozialpsychiatrische Dienst und die Flüchtlingsmedizin.

Der Zahnärztliche Dienst kann in dieses Forum Fälle mit Verdacht auf DV einbringen. Im Rahmen des Forums können gegebenfalls weitere Befunde aus anderen Diensten integriert werden, um ein möglichst vollständiges Bild über eine mögliche Kindeswohlgefährdung zu erhalten.

Zusätzlich kann der Zahnärztliche Dienst fachlich unterstützen, falls während der Arbeit den Mitarbeitender der anderen Dienste suspekte dentale Befunde auffallen, um diese einzuordnen.

Durch den Aufbau des Forums ergibt sich idealerweise ein Netzwerk aus den verschiedensten Professionen, die sowohl einen fachlichen Austausch pflegen als auch das Thema Kinderschutz in die eigenen Dienste tragen und dort dafür sensibilisieren.

Ebenfalls kann innerhalb des Forums ein Fortbildungskonzept entwickelt werden um hier ein evidenzbasiertes Vorgehen sicherzustellen.

Diskussion: Um einen wirkungsvollen Kinderschutz innerhalb des ÖGD zu etablieren bedarf es einer engen und vertrauensvollen Arbeit zwischen den einzelnen Professionen.

Aus dieser Zusammenarbeit innerhalb des ÖGD kann ein abgestimmtes Hinwirken auf Akteure der Jugendhilfe oder der ambulanten bzw. stationären Versorgung von Kindern und Jugendlichen geschehen. Dieses Hinwirken auf die zuständigen Stellen der Jugendhilfe kann hier auf unterschiedliche Weise geschehen. Das Forum kann hier den meldenden Dienst beraten oder auch gegenüber der Jugendhilfe nach außen auftreten.

Eine vorherige verbindliche Vereinbarung mit den zuständigen Stellen der Jugendhilfe über das geplante Vorgehen erscheint hierbei unerlässlich um möglichst einfache und verlässliche Prozessketten zu etablieren.

Das Verständnis für die Belange des medizinischen Kinderschutzes innerhalb der Jugendhilfe kann durch diese konzeptionelle Vorarbeit gestärkt werden und somit ein Beitrag zur nachhaltigen Etablierung des Kinderschutzes innerhalb der Gesellschaft erreicht werden.



Publikationsverlauf

Artikel online veröffentlicht:
11. März 2025

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