Gesundheitswesen 2025; 87(S 01): S28-S29
DOI: 10.1055/s-0045-1801946
Abstracts │ BVÖGD, BZÖG, DGÖG, LGL
01.04.2025
Mortalitätsanalysen und Todesbescheinigungen
11:30 – 13:00

Digitalisierungs-Chancen für papierbasierte Todesbescheinigungen und verbesserte Datenverwaltung in Baden-Württemberg – Ein Modell für den öffentlichen Gesundheitsdienst und darüber hinaus?

J Krieger
1   RGE Unternehmensberatung, München
,
B Geisel
2   Ministerium für Soziales, Gesundheit und Integration Baden-Württemberg, Landesgesundheitsamt, Stuttgart
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In Deutschland wird im Todesfall eine Todesbescheinigung von einer Ärztin oder einem Arzt nach der Leichenschau ausgestellt. Der aktuelle Prozess ist nach wie vor überwiegend papierbasiert, wobei die Bescheinigung handschriftlich ausgefüllt und mit mehreren Durchschlägen an relevante Institutionen wie Standesämter, Gesundheitsämter und Bestattungsunternehmen weitergeleitet wird. Dieses Verfahren ist nicht nur ressourcenintensiv und ineffizient, sondern auch anfällig für Übertragungsfehler. Mehrere Initiativen, darunter das OZG-Projekt „Todesbescheinigung“ [1] aus Niedersachsen und die DESTATIS-Initiative „eTB“ [2], streben eine vollständige Digitalisierung dieses Prozesses an. Die vollständige Einführung digitaler Todesbescheinigungen in allen Bundesländern wird jedoch aufgrund der Komplexität der notwendigen politischen und verwaltungstechnischen Abstimmungen voraussichtlich mehrere Jahre in Anspruch nehmen. Daher bleibt es in der Zwischenzeit entscheidend, die Herausforderungen im Umgang mit papierbasierten Todesbescheinigungen zu bewältigen.

Papierbasierte Todesbescheinigungen stellen erhebliche Herausforderungen dar, da die manuelle Übertragung in digitale Systeme arbeitsintensiv ist, erhebliche personelle Kapazitäten bindet und als unattraktive Aufgabe wahrgenommen wird. Darüber hinaus führt die manuelle Übertragung zu zahlreichen Fehlern.

Das Projekt „Digitalisierung ÖGD BW“, unter der Leitung des Landesgesundheitsamts Baden-Württemberg, zielt darauf ab, eine Lösung zu entwickeln, die die administrative Belastung verringert und die Datenqualität verbessert. In Zusammenarbeit mit den Gesundheitsämtern wurde ein Zielprozess definiert, der die Grundlage für die im Folgenden dargestellte Digitalisierung bildet.

Aufbauend auf den Herausforderungen der Datenverarbeitung in Krankenhäusern entwickelte das Projekt einen Prozess, der mit dem Scannen von papierbasierten Todesbescheinigungen beginnt. Dieser Scanvorgang stellt die erste Phase der Digitalisierung dar und ermöglicht eine weitere Datenverarbeitung. In einem zweiten Schritt sollen mit einer Software auf Basis von KI (Künstliche Intelligenz) und OCR (Optical Character Recognition) die relevanten Informationen im gescannten Dokument identifiziert und in die Fachanwendung übertragen werden. Obgleich dieser Prozess voraussichtlich keine perfekten Ergebnisse liefert, werden dennoch erhebliche Produktivitätssteigerungen erwartet.

„Digitalisierung ÖGD BW“ bietet eine potenzielle Zwischenlösung für die Herausforderungen im Umgang mit papierbasierten Todesbescheinigungen. Der Einsatz von KI-Tools könnte dazu beitragen, die Dateneingabe zu optimieren, Übertragungsfehler zu reduzieren und die Effizienz in den Gesundheitsämtern zu steigern. Dieser Ansatz stellt einen wichtigen Schritt zur Verringerung der administrativen Belastung und zur Verbesserung der Datenqualität für die Todesfallstatistik dar. Darüber hinaus könnten die entwickelten Technologien und Prozesse auch in anderen Bereichen des öffentlichen Sektors, die auf Papierformulare angewiesen sind, angepasst werden und ein skalierbares Modell für breitere Digitalisierungsbestrebungen im Gesundheitswesen und darüber hinaus bieten.

Das Projekt wird finanziert von der Europäischen Union (NextGenerationEU).



Publication History

Article published online:
11 March 2025

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