Gesundheitswesen 2025; 87(S 01): S46
DOI: 10.1055/s-0045-1801982
Abstracts │ BVÖGD, BZÖG, DGÖG, LGL
02.04.2025
Gemeinsame Versorgung von Kindern mit komplexen Bedarfen
10:30 – 12:00

PMPH – Pediatric Migrant Health Center Munich

Authors

  • U von Both

    1   Gesundheitsreferat der Landeshauptstadt München, München
  • M Wächtler

    1   Gesundheitsreferat der Landeshauptstadt München, München
  • M Alustiza Zavala

    1   Gesundheitsreferat der Landeshauptstadt München, München
  • E Scarlat

    1   Gesundheitsreferat der Landeshauptstadt München, München
  • E Waldeck

    1   Gesundheitsreferat der Landeshauptstadt München, München
 

Einleitung: Theoretischer und praktischer Hintergrund: Der jüngste Anstieg der weltweiten Migration stellt aufnehmende Länder vor die Herausforderung, Geflüchtete angemessen zu versorgen, insbesondere Kinder und deren Mütter. Nach dem Infektionsschutzgesetz werden Personen, die in einer Gemeinschaftsunterkunft untergebracht werden sollen, auf Tuberkulose untersucht. Nach Vollendung des 15. Lebensjahres und bei Nicht-Vorliegen einer Schwangerschaft geschieht dies durch Röntgen Thorax. Im Zuständigkeitsbereich des Gesundheitsreferates (GSR) der LHM werden Kinder bis zur Vollendung des 10. Lebensjahres durch Anamnese und körperliche Untersuchung gescreent, bis zur Vollendung des 15. Lebensjahres wird zusätzlich ein Interferon-Gamma-Release-Assay eingesetzt. Kapazitätsengpässe führten in der Vergangenheit oft zu Verzögerungen bei Diagnostik, Chemoprophylaxe, Chemoprävention oder Therapie. Dabei sind eine steigende Nachfrage, unzureichende Personalressourcen und das Fehlen von auf Migrantinnen und Migranten zugeschnittenen Strukturen erschwerende Faktoren. Die Entwicklung neuer Strategien führt zur Vereinfachung des Überweisungsprozesses, die Etablierung sprachlicher und kultureller Unterstützungssysteme sowie die Förderung der Zusammenarbeit zwischen Gesundheitsdienstleistern (Klinik Sektor) und der lokalen Gesundheitsbehörde (ÖGD Sektor) zur Verbesserung der Versorgung.

Methodik: Projektmodell: Das 03/23 gegründete "Pediatric Migrant and Public Health Center Munich" (PMPH) am Dr. von Haunerschen Kinderspital (HKS) bietet in enger Zusammenarbeit mit dem GSR eine spezialisierte Betreuung von Kindern und Jugendlichen mit Flucht- oder Migrationshintergrund an. Der Fokus liegt auf einer Verbesserung der medizinischen Versorgung (inklusive Untersuchung, Diagnostik und Behandlung) bei Tuberkulose-Exposition und -Infektion. Das PMPH stellt eine neue Versorgungsform dar, in dem es eine direkte Verbindung zwischen dem GSR und der Abteilung für pädiatrische Infektiologie des HKS durch eine zusätzliche ärztliche Stelle etabliert.

Ergebnisse: Seit Projektstart im März 2023 bis einschließlich 09/24 wurden 561 Kinder und Jugendliche betreut. 12 Monate nach Projektstart war ein Anstieg der betreuten Minderjährigen um 35% im Vergleich zum Vorjahr zu verzeichnen.

Von diesen insgesamt 561 Kindern und Jugendlichen

  • hatten 288 eine vorausgegangene Exposition zu TB (51%)

  • hatten 74 eine TBI (13%)

  • waren 16 an einer aktiven Tuberkulose erkrankt (3%).

Von den 74 Kindern mit TBI haben bereits 58 (78%) eine Chemoprävention abgeschlossen, 11 (15%) stehen noch unter laufender Therapie.

Lost to follow-up: 5 (7%).

Von den 16 Kindern mit aktiver TB haben bereits 11 (69%) ihre ATT erfolgreich abgeschlossen, 4 (25%) stehen noch unter laufender Therapie.

Lost to follow-up: 1 (6%)

Die kultursensible Betreuung, einschließlich des Einsatzes von Sprachmittler*innen, führte zu einer Erhöhung von Compliance und Therapieadhärenz.

Diskussion: Durch die modellbezogene Integration der Bereiche kurative Medizin und öffentlicher Gesundheitsdienst wurden Prozesse beschleunigt, Kapazitäten erhöht und so die Versorgungsstruktur verbessert.



Publication History

Article published online:
11 March 2025

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