Gesundheitswesen 2025; 87(S 01): S80-S81
DOI: 10.1055/s-0045-1802053
Abstracts │ BVÖGD, BZÖG, DGÖG, LGL
03.04.2025
Zahnmedizin – Block 2
11:00 – 12:30

Kinderschutz im Zahnärztlichen Gesundheitsdienst – II. Vernetzungsmöglichkeiten beim zahnärztlichen Kinderschutz am Beispiel des Landkreises Eichsfeld/Thüringen

Authors

  • I Gottstein

    1   Fachzahnärztin für Öffentliches Gesundheitswesen Landkreis Eichsfeld/Thüringen Sachgebietsleitung Zahnärztlicher Dienst, Leinefelde-Worbis
 

Hintergrund: Kinderschutz ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die interdisziplinäres Agieren erfordert. Die im Jahr 2019 erschienene Kinderschutzleitlinie benennt hier erstmals die Zahnärzteschaft explizit und auch in § 4 des „Gesetzes zur Kooperation und Information im Kinderschutz“ (KKG) ist für Berufsgeheimnisträger (dazu zählen auch Zahnärztinnen und Zahnärzte) eindeutig formuliert, wie bei Verdacht auf Kindeswohlgefährdung zu handeln ist.

Die Vernachlässigung der Gesundheitsfürsorge – und darin eingeschlossen ist die Zahn – und Mundgesundheit – kann einen gewichtigen Anhaltspunkt für eine Kindeswohlgefährdung bieten.

Um eine solche Vernachlässigung erkennen zu können, müssten Kinder und Jugendliche aber regelmäßig zahnärztlich untersucht werden.

Diese Aufgabe liegt im Öffentlichen Gesundheitsdienst im Arbeitsbereich der Zahnärztlichen Dienste, die diese Vorsorgeuntersuchungen durchführen.

Im Rahmen der gesetzlich verankerten zahnärztlichen Gruppenprophylaxe sind sie Setting bezogen aufsuchend in Kindertagesstätten und Schulen präventiv und flächendeckend tätig – seit über 30 Jahren.

Während Erfolge der Prophylaxe in den permanenten Gebissen der 12-Jährigen Schulkinder deutlich sichtbar sind, stagniert eine hohe Karieserfahrung bei Milchzähnen besonders im Kleinkindalter, die Kariespolarisation nimmt weiter zu und es besteht häufiger der Verdacht auf dentale Vernachlässigung.

Umsetzung: Für den Landkreis Eichsfeld/Thüringen hat die Autorin mit ihrem Team aufgrund steigender Zahlen von Kariesrisikofällen in enger Zusammenarbeit mit dem Jugendamt des Landkreises ein Konzept entwickelt, welches 2019 implementiert und nach pandemiebedingter Unterbrechung mit regelmäßiger Evaluierung weitergeführt wurde.

Kinder und Jugendliche, die z.B. nach DAJ- Kariesrisikoeinstufung ein besonders auffälliges Gebiss aufweisen, welche im darauffolgenden Untersuchungsjahr wiederum als auffällig diagnostiziert wurden bzw. deren Gebisszustand sich sogar weiter verschlechtert hat, werden in ein mehrstufiges Fallmanagementsystem im Zahnärztlichen Dienst übernommen. In jeder Stufe wird den Sorgeberechtigten Hilfe angeboten, in der letzten Stufe erst bei weiter fehlender Kooperation eine Meldung an das Jugendamt weitergeleitet.

Ziel der Hilfsangebote beider Ämter ist es dabei, die Mundgesundheit der Kinder und Jugendlichen auch durch Sensibilisierung der Sorgeberechtigten schnellstmöglich und dauerhaft zu verbessern, eine Zahnsanierung zu erreichen und weitere gesundheitliche Folgeschäden vom Kind abzuwenden.

Diskussion: Eine erste Auswertung zeigt, dass das Konzept erfolgversprechend ist und zur (mund) gesundheitlichen Chancengleichheit für Kinder und Jugendliche im Landkreis Eichsfeld einen wichtigen Beitrag leisten kann.

Weitergehend haben sich Vernetzungsmöglichkeiten über diverse Aktionspartner der Frühen Hilfen, die Landeszahnärztekammer Thüringen und die LAGJ Thüringen eröffnet, die zurzeit vertieft werden.

Die Autorin ist als Mitglied der Arbeitsgruppe Kinderschutz des BZÖG e.V. Mitzeichnende des „Grundlagenpapiers der AG Kinderschutz des Bundesverbandes der Zahnärztinnen und Zahnärzte des Öffentlichen Gesundheitsdienstes e.V. (BZÖG)“, welches 2024 veröffentlicht wurde.



Publication History

Article published online:
11 March 2025

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