Gesundheitswesen 2025; 87(S 01): S84
DOI: 10.1055/s-0045-1802062
Abstracts │ BVÖGD, BZÖG, DGÖG, LGL
03.04.2025
Hitze II
11:00 – 12:30

Hitzeschutz – eine Herausforderung auch für den ÖGD

Authors

  • M Barker

    1   Senatsverwaltung für Wissenschaft, Gesundheit und Pflege des Landes Berlin, Abt. Gesundheit, Berlin
  • A Dewitz

    1   Senatsverwaltung für Wissenschaft, Gesundheit und Pflege des Landes Berlin, Abt. Gesundheit, Berlin
  • M Suckau-Hagel

    1   Senatsverwaltung für Wissenschaft, Gesundheit und Pflege des Landes Berlin, Abt. Gesundheit, Berlin
 

Hintergrund: Laut WHO ist Sommerhitze die bedeutendste Ursache von Gesundheitsrisiken in Folge der Klimakrise. Hitze-assoziierte Morbidität und Mortalität sind auch für Deutschland und Berlin relevant und besonders gefährdete Gruppen gut bekannt. Daher sollte der Aufbau hitzeresilienter Strukturen auch im Gesundheitswesen zur öffentlichen Daseinsvorsorge gehören, wie etwa vom Deutschen Ärztetag 2021 und im Sachverständigenrats-Gutachten 2023 gefordert. Die „Handlungsempfehlungen für Hitzeaktionspläne zum Schutz der menschlichen Gesundheit“ der Bund-Länder-Arbeitsgruppe geben dabei eine wichtige Orientierung.

Umsetzung: Als Bestandteil des Berliner ÖGD ist die Senatsverwaltung für Wissenschaft, Gesundheit und Pflege (SenWGP) in verschiedenen Kontexten aktiv.

Auf Bund-Länder-Ebene wurde 2020 ein Leitantrag zu „Klimawandel – eine Herausforderung für das deutsche Gesundheitswesen“ auf der Gesundheitsministerkonferenz (GMK) eingebracht und einstimmig beschlossen, welcher u.a. die Erarbeitung von Hitzeaktionsplänen innerhalb von fünf Jahren fordert. Die GMK hat zur Unterstützung der Umsetzung ein Koordinierungsgremium unter Berliner Vorsitz eingesetzt, welches darüber hinaus die Ländervertretung im „Klimapakt Gesundheit“ und bei den Hitzeschutz-Konferenzen im Bundesgesundheitsministerium wahrnimmt.

Auf Landesebene gründete sich im Frühjahr 2022 das „Aktionsbündnis Hitzeschutz Berlin“ aus Ärztekammer Berlin, Deutscher Allianz Klimawandel und Gesundheit – KLUG e.V. und SenWGP mit dem Ziel, Hitze-bedingte Gesundheitsrisiken durch eine bessere Vorbereitung des Gesundheitswesens zu reduzieren. Dazu wurden zunächst Musterpläne für unterschiedliche Typen von Gesundheitseinrichtungen veröffentlicht und eine Weiterleitung der DWD-Hitzewarnungen organisiert. Das Aktionsbündnis ist inzwischen zu einem zivilgesellschaftlichen Netzwerk mit einer Steuerungsgruppe und 21 Mitgliedern angewachsen, welches in regelmäßigen Workshops inhaltlich und strategisch arbeitet. Seit 2023 wendet es sich in der vom Landesamt für Gesundheit und Soziales (LAGeSo) konzipierten Kampagne „°Bärenhitze. Berlin bleibt cool!“ auch an die Allgemeinbevölkerung. Im Mai 2024 beschloss der Senat die Erstellung eines landesweiten Hitzeaktionsplans bis Ende 2025 durch eine ressortübergreifende Arbeitsgruppe, welche seitdem unter Federführung der SenWGP an der Aufgabe arbeitet.

Auf kommunaler Ebene wurde im Herbst 2022 eine „AG Hitzeschutz“ der Berliner Bezirke eingerichtet, welche sich unter Koordination durch LAGeSo und SenWGP bei monatlichen Sitzungen über eigene Aktivitäten und Erfahrungen, gemeinsamen Unterstützungsbedarf und Arbeits-Schwerpunkte austauschen. Darüber hinaus bestehen zahlreiche Kontakte zwischen SenWGP und LAGeSo sowie zwischen SenWGP und einzelnen Bezirksämtern, welche zum Teil bereits eigene Hitzeschutzpläne beschlossen haben.

Diskussion: Die Konzeption und Umsetzung präventiver Hitzeschutzmaßnahmen stellt eine Querschnitts-Aufgabe für die öffentliche Verwaltung dar, die breite Vernetzung voraussetzt. Dabei ist der Gesundheitssektor meist erster Akteur, da hitzebedingte Erkrankungen und Todesfälle dort zuerst sichtbar werden. Dem ÖGD fällt somit eine unverzichtbare Steuerungsfunktion in verschiedenen Organisations- und Kommunikationsprozessen mit anderen Verwaltungsorganen, Gesundheitsfachkräften und der Bevölkerung zu. Förderlich sind hierbei der bestehende Bezug zu Personen mit gesundheitlichen oder sozioökonomischen Risikofaktoren, die Wirkungsmöglichkeiten auf lokaler Ebene und der hohe Identifikationsgrad vieler Beschäftigter mit Zielen von öffentlichem Gesundheits- und Hitzeschutz. Als potenzielles Hindernis muss die Verfügbarkeit angemessener personeller und finanzieller Ressourcen benannt werden, bei der auch das Berliner Aktionsbündnis und SenWGP an Grenzen kommen. Hier könnte die Aufnahme von Hitzeschutz im Gesundheitssektor als Aufgabe des ÖGD in die Gesundheitsdienstgesetze und Klimaanpassungsstrategien der Länder perspektivisch hilfreich sein. Grundsätzlich sollte die Steuerung von Hitzeschutzmaßnahmen auf Landes- und Kommunalebene in ressortübergreifenden Organisationseinheiten angesiedelt werden.



Publikationsverlauf

Artikel online veröffentlicht:
11. März 2025

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