Gesundheitswesen 2025; 87(S 01): S97-S98
DOI: 10.1055/s-0045-1802089
Abstracts │ BVÖGD, BZÖG, DGÖG, LGL
03.04.2025
Infektionsschutz – Erfahrungswerte für die Praxis
11:00 – 12:30

Candida auris Ausbruch in Deutschland – Notwendigkeit einer Ausweitung der Meldepflicht

Authors

  • A Ott

    1   Gesundheitsreferat München, München
  • S Schelenz

    1   Gesundheitsreferat München, München
 

Candida auris ist ein 2009 erstmalig beschriebener und inzwischen weltweit verbreiteter multi-resistenter Hefepilz, der schwere Infektionen und Ausbrüche in stationären Gesundheitseinrichtungen verursachen kann. Im Gegensatz zu anderen humanpathogenen Candida Arten ist er kein Bestandteil des menschlichen Mikrobioms. Natürliches Erregerreservoir ist die Umwelt, Nachweise gelangen z.B. in küstennahen marinen Ökosystemen oder auf Früchten und bei Haustieren. In einigen Regionen wie Mittlerer Osten, Südamerika, Afrika und Asien ist C. auris unter Krankenhauspatienten inzwischen endemisch. Seit 2015 hat C. auris auch in Europa größere Ausbrüche in medizinischen Einrichtungen ausgelöst. 2023 wurde in Deutschland eine Meldepflicht nach §7 IfSG eingeführt, aber nur für Nachweise von C. auris in Blut und anderen primär sterilen Materialien. Eine bundesweite Surveillance erfolgt lediglich über eine freiweillige Einsendung von Isolaten an ARS bzw. NRZMyk.

Bis Mai 2023 wurden in Deutschland lediglich 43 sporadische Fälle nachgewiesen.3 2021 wurde auf einer COVID-Intensivstation die erste nosokomiale Übertragung dokumentiert.4,5

Im August 2023 kam es zu einem ausgedehnten Ausbruch in einer Klinik in Deutschland. Index war ein Patient mit Zufallsbefund bei Otitis media. Trotz initialer Hygienemaßnahmen breitete sich der Erreger über mehrere Stationen verschiedener Fachbereiche aus. Ein strukturiertes Ausbruchsmanagement und eine Meldung an das Gesundheitsamt erfolgte erst zwei Monate später, als in zwei weiteren Fachabteilungen mehrere Fälle auftraten. Beeiligt waren 43 Patienten, bei 6 Patienten trat eine Infektion auf. 144 Kontaktpersonen wurden identifiziert und ebenfalls isoliert. 41 Patienten (kolonisierte oder Kontaktpatienten) wurden in verschiedene medizinische Einrichtungen in ganz Bayern verlegt.

Insgesamt war ein äußerst komplexes und ressourcenintensives Ausbruchsmanagement mit Beteiligung des Landesamts für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL), des NRZMyk, dss Robert-Koch Instituts (RKI) sowie der Gesundheitsämter in mehreren bayerischen Landkreisen erforderlich.

Dieser Ausbruch zeigt eindrücklich, dass das frühzeitige, konsequente Umsetzen von präventiven infektionshygienischen Maßnahmen bei jedem C. auris Fall unerlässlich ist. Auswirkungen auf Morbidität und Mortalität waren relativ gering. Bei einem Ausbruch dieser Größenordnung kommt es jedoch zu erheblicher Beeinträchtigung von Lebensqualität und medizinischer Versorgung der Patienten. Weitere Folge ist ein massiver Anstieg der Arbeitsbelastung aller beteiligter Berufsgruppen, ein hoher Ressourcenverbrauch und damit verbundene Kosten.

2023 wurde eine Meldepflicht nach §7 IfSG für den Nachweis von C. auris in Blut oder anderen sterilen Substraten eingeführt. Nachweise in anderen klinischen Materialien oder Screening-Abstrichen werden dadurch nicht erfasst. Ein frühzeitiges Erkennen von möglichen Übertragungen sowie eine systematische bundesweite Surveillance ist damit nicht möglich. Daher halten wir eine Meldepflicht für jeden Nachweis von C. auris, unabhängig vom Material bzw. Infektion oder Kolonisation, für dringend erforderlich.



Publication History

Article published online:
11 March 2025

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