Gesundheitswesen 2025; 87(S 01): S101-S102
DOI: 10.1055/s-0045-1802098
Abstracts │ BVÖGD, BZÖG, DGÖG, LGL
03.04.2025
Interkommunale Zusammenarbeit
11:00 – 12:30

Stärker im Verbund – Wie interkommunale Zusammenarbeit den Öffentlichen Gesundheitsdienstes in Thüringen stärkt

M Kappelt
1   Gesundheitsamt, Stadt Jena – Fachdienst Gesundheit, Jena
,
M Herrling
2   Kreisverwaltung, Amt für Informationstechnik – Stabsstelle Gesundheitsmanagement, Sondershausen
› Institutsangaben
 

Hintergrund: Der Pakt für den Öffentlichen Gesundheitsdienst (ÖGD) zielt darauf ab, die Digitalisierung der Gesundheitsämter zu stärken. Trotz umfangreicher Fördermöglichkeiten zeigt sich eine wachsende Diskrepanz in der Digitalisierung einzelner Gesundheitsämter. Diese Ungleichheit resultiert aus den unterschiedlichen personellen Ressourcen für die Antragstellung. In diesem Kontext stellt sich die Herausforderung, wie Kommunen trotz begrenzter Mittel und föderaler Strukturen effektiv zusammenarbeiten können, um die Digitalisierung im ÖGD gemeinsam voranzutreiben.

Umsetzung: Sechs Thüringer Kommunen haben sich zusammengeschlossen, um diese Herausforderung gemeinsam anzugehen. Die Umsetzung erfolgte in mehreren Schritten:

Identifikation von Gemeinsamkeiten: Durch einen intensiven Kommunikationsprozess wurden einheitliche Anforderungen an die Digitalisierung und gemeinsame anstehende Digitalisierungsbedarfe ermittelt.

Arbeitsteilung: Bereits während der Antragstellung wurden Aufgaben unter den beteiligten Kommunen aufgeteilt, was zu einer erheblichen Reduzierung der Ressourcenbindung führte. Ebenfalls konnte bei unterschiedlichen Umsetzungsständen auf Ergebnisse und Erfahrungswerte zurückgegriffen werden.

Kooperationsvereinbarung: Diese Vereinbarung dient als Grundlage für eine langfristige und verbindliche interkommunale Zusammenarbeit, was einen wichtigen Schritt zur Vereinheitlichung der digitalen Infrastruktur darstellt.

Fehlbedarfsermittlung: Es wurde identifiziert, dass spezifische technische Ausstattungsgegenstände wie digitale Seh- und Hörtestgeräte sowie die Anbindung der vorhandenen Fachverfahren an das jeweilige Dokumentenmanagementsystem (DMS) bei allen Beteiligten noch nicht umgesetzt waren.

Netzwerkbildung: Das durch das Projekt etablierte Netzwerk endet nicht in der Digitalisierung. Der Bedarf an Informationen oder fachlichen Diskussionen ist fachbereichsübergreifend hoch.

Diskussion: Die Erfahrungen aus diesem Verbundprojekt zeigen sowohl Chancen als auch Herausforderungen der interkommunalen Zusammenarbeit im ÖGD:

Chancen: Effiziente Nutzung begrenzter Ressourcen durch Aufgabenteilung

Standardisierung von Prozessen und Daten

Verbesserung der themenübergreifenden Zusammenarbeit

Schaffung gleicher Arbeitsbedingungen und technischer Anforderungen

Herausforderungen

Überwindung föderaler Strukturen, die interkommunale Zusammenarbeit erschweren

Notwendigkeit aktiver Veränderungsträger in den Kommunen

Sicherstellung eines ausgewogenen Beitrags aller Beteiligten

Die Übertragbarkeit dieses Modells auf andere Kommunen oder Zusammenschlüsse erscheint vielversprechend, erfordert jedoch eine Anpassung an lokale Gegebenheiten und politische Strukturen. Auch sind die persönlichen Leistungsträger nicht zu vernachlässigen, da diese in der Regel aus Netzwerkern und Experten verschiedener Fachgebiete bestehen. Es besteht noch Evaluationsbedarf der langfristigen Auswirkungen solcher Kooperationen hinsichtlich der Effizienz sowie der Ressourceneinsparung. Ebenfalls sollten Prozesse im Rahmen des Onboardings neuer Mitarbeiter und der Kosteneinsparungen durch nicht notwendige Schulungen in vereinheitlichten Systemen untersucht werden.

Dieses Projekt demonstriert, dass interkommunale Zusammenarbeit ein wirksames Instrument zur Überwindung von Ressourcenengpässen und zur Förderung der Digitalisierung im ÖGD sein kann. Es unterstreicht die Notwendigkeit, über traditionelle Verwaltungsgrenzen hinweg zu denken und zu handeln, um den Herausforderungen der Digitalisierung im Öffentlichen Gesundheitsdienst gerecht zu werden.

Das Projekt wird finanziert durch das Fördermittelprogramm “NextGenerationEU” der Europäischen Union.



Publikationsverlauf

Artikel online veröffentlicht:
11. März 2025

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