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DOI: 10.1055/s-0045-1802218
Datenqualität/-vollständigkeit bei COVID-19-Fällen: Ergebnisse einer regionalen Analyse im Kontext künftiger digitaler Strategien
Authors
Einleitung: In der SARS-CoV-2-Pandemie erhobene Daten aus Deutschland erscheinen im internationalen Vergleich hinsichtlich wichtiger Parameter zum Infektionsgeschehen unvollständig. Über unzureichende Daten für weitreichende wissenschaftliche Analysen im Kontext der Corona-Pandemie wurde in der Presse wie auch wissenschaftlich diskutiert. Ein zentrales Gesundheitsdatenregister oder Impfregister existiert in Deutschland bislang nicht. Generell ist die Digitalisierung des deutschen Gesundheitswesens vergleichsweise wenig fortgeschritten.
Methoden: Im Rahmen einer retrospektiven Beobachtungsstudie wurde exemplarisch die Vollständigkeit eigener regional erhobener Daten aus unterschiedlichen Perioden zu Hospitalisierung, Impfungen und Risikofaktoren untersucht und deskriptiv ausgewertet (Originalpublikation [1]). Dafür wurde die Datenbank des Gesundheitsamtes Regensburg nach SARS-CoV-2-/COVID-19-Meldevorgängen von 01.01.2022 bis 30.06.2022 durchsucht, zusätzlich wurde eine Datenabfrage in SurvStat@RKI 2.0 durchgeführt. Im Rahmen des Vortrags werden die Ergebnisse der Studie vor dem Hintergrund möglicher künftiger digitaler Strategien und integrierter Datenerfassung im Infektionsschutz diskutiert und um Erfahrungen und Aspekte aus der alltägliche Praxis ergänzt.
Ergebnisse: Insgesamt wurden 126.920 Vorgänge unter der Erkrankung COVID-19 gefunden. Es wurden etwa zeitgleich 106.974 Fälle aus Regensburg (Stadt und Landkreis) an das RKI gemeldet. Bei den Daten zur Hospitalisierung enthielten 105.181 Vorgänge (83 %) die Angaben „nicht erhoben“ oder „nicht ermittelbar“. Bei den Angaben zu Impfungen fanden sich bei 11,1 % Informationen zum Impfstoff, bei 4,4% zur Anzahl der Impfungen und bei 2,1% Informationen zum Datum der letzten Impfung. In vier aufeinanderfolgenden Perioden zwischen März 2020 und Januar 2022 nahm die Vollständigkeit von Angaben zu Vorerkrankungen (Herz-Kreislauf-, chronische Lungen-, Nieren-, Leber-, neurologische/neuromuskuläre Erkrankungen, Diabetes mellitus, Immundefizienz) bei COVID-19-bezogenen Todesfällen mit zunehmendem Fallaufkommen ab (von durchschnittlich unter 20% auf knapp 60% unvollständige Angaben).
Diskussion: Die Datenvollständigkeit kann regional variieren, jedoch scheint wesentlich für unsere Resultate eine nicht automatisierte und nicht integrierte Datenerfassung. Die händische Be- und Weiterverarbeitung von Daten ist gerade bei großen Datenmengen fehleranfällig. Ansätze, die in erster Linie auf menschliche Arbeitskraft und nicht fachlich ausgebildetes Personal setzen, sind für die Fallermittlungen und das (im Falle von SARS-CoV-2 ohnehin nur bedingt effektive) Containment bei großem Fallaufkommen nicht ausreichend. Künftige Strategien, die das Ziel aussagekräftiger und vollständiger Daten verfolgen, müssen zeitgemäße und ausgereifte digitale Lösungen mit zentraler Datenerfassung zu Infektionsfällen beinhalten, ohne den Datenschutz zu gefährden. Bundes- oder landesweit einheitliche Lösungen könnten dazu beitragen, Parallelverfahren und Schnittstellenprobleme zu umgehen.
Publication History
Article published online:
11 March 2025
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