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DOI: 10.1055/s-0045-1802230
Streetworken im digitalen Raum – neue Wege zu weiblichen Sexarbeitenden in Köln
Authors
Hintergrund: Streetwork ermöglicht es, Menschen zu erreichen, die durch das übliche Hilfesystem nicht gut erreicht werden. Das 2017 in Kraft getretene Prostituiertenschutzgesetz (ProstSchG) und die darauffolgende Covid-19-Pandemie haben mit der damit in Verbindung stehenden schnell fortschreitenden Digitalisierung zu einer deutlichen Verschiebung der Sexarbeit bzw. insbesondere ihrer Anbahnung, in den virtuellen Raum geführt. Dies bestätigen die Beobachtungen aus den Streetwork-Einsätzen des Fachdienstes sowie der Austausch in den verschiedenen Vernetzungsebenen, die eine abnehmende Zahl an Kontakten im „klassischen“ Streetwork belegen. Um zu gewährleisten, dass sich die Soziale Arbeit auch weiterhin an der Lebenswelt und den Lebensrealitäten von Sexarbeiter:innen orientiert, darf auch der virtuelle Raum nicht außer Acht gelassen werden. „Online-Streetwork“ bzw. digitale aufsuchende Arbeit ermöglicht, Sexarbeiter:innen, die sich im virtuellen Raum aufhalten, auch durch dort stattfindende aufsuchende Arbeit erreichen zu können, um ihnen so Informationen und Unterstützung anzubieten, auf die sie im Sinne eines Selfempowerments bei Bedarf zurückgreifen können. Die digitale aufsuchende Arbeit ist somit die Brücke für Sexarbeiter:innen aus dem virtuellen Raum in die analogen Unterstützungsangebote. Darüber hinaus trägt sie dazu bei, die Bedarfe der Sexarbeitenden weiterhin bestmöglich zu ermitteln und bestehende Angebote ggfs. anzupassen, einen besseren Überblick über die sich in Köln befindenden Sexarbeiter:innen zu erhalten und einen differenzierteren Eindruck über die Mobilität der Sexarbeiter:innen zu gewinnen.
Umsetzung: Der Fachdienst STI und sexuelle Gesundheit hat ein Konzept zur digitalen aufsuchenden Arbeit entwickelt und dabei weibliche Sexarbeitende fokussiert, da diese virtuell bisher in Köln noch nicht gezielt adressiert werden. Möglichkeiten der Kontaktaufnahme bestehen neben einschlägigen Plattformen, auf denen Sexarbeit angeboten wird, zudem über sogenannte „Freier-Foren“. Neben der direkten Kontaktaufnahme mit Sexarbeitenden besteht eine weitere Option zudem in der Platzierung von Informationen zu den eigenen Unterstützungsangeboten auf den Plattformen weiblicher Sexarbeit.
Initial stellen sich bei der Entwicklung und Umsetzung des Konzepts insbesondere auch rechtliche Fragen. Relevant sind zudem die Planungen der personellen Ressourcen, um digitales Streetworken effektiv und nachhaltig zu gestalten.
Nach einer Testphase von 8-12 Wochen wird evaluiert, ob und wenn ja auf welchen Plattformen die aufsuchende digitale Arbeit erfolgreich ist.
Diskussion: Bisher gibt es nur wenige Konzepte und Erfahrung dieser Art bei anderen Gesundheitsämtern. Die Zielgruppe ist dann zudem häufig nur die Mann-männliche Sexarbeit bzw. Sexarbeit im MSM-Bereich, da diese dem Anschein nach über einschlägige Plattformen einfacher zu erreichen sind. Versuche, im digitalen Raum Kontakte zu weiblich gelesenen Sexarbeitenden aufzubauen, gibt es nach unserer Kenntnis bisher nur in Hamburg – diese liegen jedoch mehrere Jahre in der Vergangenheit und wurden seinerzeit als nicht erfolgreich beschrieben.
In Köln werden männlich gelesene Sexarbeiter derzeit von einer sozialen Einrichtung digital aufgesucht. Vor allem weiblich gelesene Sexarbeiter:innen werden in Köln somit derzeit nur unzureichend digital erreicht, weshalb der Fokus des vorliegenden Konzepts auf dieser Zielgruppe liegt.
Die Erprobung und – bei erfolgreichem Verlauf – die Implementierung der digitalen aufsuchenden Arbeit mit Fokus auf weiblich gelesene Sexarbeiter:innen kann somit eine Lücke, die derzeit besteht, schließen.
Publication History
Article published online:
11 March 2025
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