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DOI: 10.1055/s-0045-1802234
Wenn der Zugang zur Regelversorgung fehlt – Versorgung von Menschen mit HIV in Köln
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Hintergrund: Der Zugang zu gesundheitlicher Versorgung ist ein Menschenrecht. In Deutschland ist die Übernahme der Kosten für die notwendige medizinische Versorgung im Regelfall durch eine gesetzliche oder private Krankenversicherung gewährleistet. Gründe für einen fehlenden oder unzureichenden Zugang zu angemessener Gesundheitsversorgung in Deutschland sind vielfältig: z.B. ein Leben ohne gültige Aufenthaltspapiere oder der Verlust eines privaten Versicherungsschutzes. Zudem gibt es viele Fälle, in denen faktisch ein Zugang zur Regelversorgung besteht, dieser praktisch jedoch nicht funktioniert, bspw. bei wohnungslosen Menschen oder Menschen mit Suchterkrankungen oder vielen Menschen aus den EU-Mitgliedsländern, deren Versicherungsschutz nicht greift.
Menschen mit einer HIV-Diagnose ohne belastbare Krankenversicherung haben demnach in Deutschland keinen geregelten Zugang zu einer Therapie – mit allen gesundheitlichen Konsequenzen, die dies mit sich bringt, primär für das Individuum aber auch mit einer infektionsepidemiologischen Public Health-Relevanz.
Der Öffentliche Gesundheitsdienst (ÖGD) nimmt Personen ohne Zugang zur Regelversorgung in den Blick und sucht mit seinen subsidiären Angeboten sowie durch seine Vernetzung im jeweiligen Netzwerk vor Ort nach bestmöglichen Lösungen.
Umsetzung: Die Aidskoordination der Stadt Köln ist im Fachdienst STI und sexuelle Gesundheit des Gesundheitsamts Köln angesiedelt. Aus der Erkenntnis, dass für Menschen mit HIV-Infektion und ohne belastbaren Zugang zur Regelversorgung immer wieder Einzelfallösungen gesucht werden müssen, die den Therapiebeginn in der Regel verzögern und auch die Kontinuität der Therapie gefährden, wurde im Jahr 2022 ausgehend von der Aidskoordination das „HIV Board Köln“ gegründet. Im HIV-Board sind infektiologische Schwerpunktpraxen in Köln, infektiologische Abteilungen Kölner Kliniken, die Aidshilfe Köln sowie NRW und das Gesundheitsamt Köln im regelmäßigen Austausch. Ihr Fokus ist insbesondere eine möglichst rasche Versorgung von HIV-positiven Menschen ohne Zugang zur Regelversorgung und deren Zuleitung zu einer Therapie. Ziel dieser Vernetzung ist es, die Schnittstellen-Kommunikation bezüglich der jeweiligen anteiligen Versorgungsmöglichkeiten der einzelnen Institutionen effizienter und patientenbezogener werden zu lassen. Durch den Anonymen Krankenschein Köln gibt es seit dem Sommer 2023 zudem einen geregelten Weg, um die notwendige Behandlung einer HIV-Therapie – sofern die Zugangskriterien für den AKS Köln erfüllt sind – umsetzen zu können. Die aktuelle Projektlaufzeit endet jedoch zum 31.12.2024.
Diskussion: Vorgestellt werden die Daten zu Menschen mit HIV ohne Krankenversicherungsschutz in Köln, die über das HIV-Board Köln einer Therapie zugeführt werden konnten.
Aufgezeigt werden soll zudem die Versorgung, die durch das Projekt Anonymer Krankenschein in Köln während seiner Laufzeit vom 01.07.2023-31.12.2024 getragen wurde. Dabei soll nicht nur die Anzahl der versorgten Personen in den Blick genommen, sondern auch das finanzielle Volumen dargelegt werden, das für die Versorgung der Personen benötigt wurde.
Die Ziele der BIS 2030-Strategie werden kaum zu erreichen sein, wenn Menschen ohne Zugang zur Regelversorgung nicht in den Blick genommen und auch für sie belastbare Lösungen geschaffen werden. Der ÖGD ist hier in der Mitverantwortung. Die Erfahrungen aus Köln können eine Orientierung geben, wie viele Menschen mit HIV in einer Großstadt mit welchem Finanzvolumen adäquat zu versorgen sind.
Publication History
Article published online:
11 March 2025
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