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DOI: 10.1055/s-0045-1802268
Onkologische Versorgung von Lungenkrebspatientinnen und -patienten (am Beispiel von NSCLC)
Einleitung: Lungenkrebs zählt in Deutschland zu den häufigsten Tumorerkrankungen. Die Diagnose erfolgt häufig im bereits fernmetastasierten Stadium mit entsprechend schlechter Prognose [1].
In den letzten Jahrzehnten wurden Fortschritte in der Bildgebung erzielt, insbesondere durch die Einführung von PET-CT und MRT in die klinische Routine. Beide ermöglichen eine verbesserte Darstellung des Tumors und seiner Ausbreitung. Diese Entwicklung hat die Diskussion um das von Hellmann und Weichselbaum [2] beschriebene Stadium der „Oligometastasierung“ (OM) befeuert. Bei OM sind spezifische, lokal ablative Therapiekonzepte bedeutsam.
Externe Evidenz zu OM bei Lungenkrebs liegt derzeit nur aus (kleineren) klinischen Studien mit selektierten Personengruppen und zudem unterschiedlicher Definition der OM vor.
Wir möchten auf Basis von Krebsregisterdaten (=Daten aus dem Versorgungsalltag) eine populationsbezogene Kohorte mit OM charakterisieren sowie Therapiekonzepte und Krankheitsverläufe beschreiben.
Methodik: Datenbasis: Zunächst stellten wir einen Datennutzungsantrag bei drei Krebsregistern (Bayern, Hessen, Schleswig-Holstein). Die erhaltenen Daten wurden harmonisiert und in ein web-basiertes Datentool übertragen, um gemeinsam mit Mitarbeitenden aus den Krebsregistern die Daten vor der eigentlichen Analyse im Hinblick auf Unterschiede zu diskutieren.
Studienpopulation: Basierend auf der Definition von OM gemäß der ASTRO/ESTRO-Leitlinie [3] (1 bis maximal 5 Metastasen in maximal 3 Organen) wurden Personen mit synchron oligometastasiertem nicht-kleinzelligem Lungenkrebs (NSCLC) identifiziert. In Anlehnung an die achte Auflage der TNM-Klassifikation [4] wurde eine Risikoeinteilung entsprechend der Metastasenanzahl und betroffener Lokalisationen vorgenommen. Als Vergleichsgruppe wurden Personen mit synchron polytoper Metastasierung (PM) und NSCLC ausgewählt. Für alle Personen musste mindestens eine Information zur Therapie vorliegen.
Auswertung: Deskriptive Beschreibung der Patientengruppen, Therapien und Krankheitsverläufe. Kaplan-Meier-Kurven zur Veranschaulichung des beobachteten Überlebens.
Ergebnisse: Die Auswertungen beruhen auf rund 7 600 Personen mit synchroner OM (low risk: 20 %, intermediate risk: 33 %, high risk: 47 %) und rund 1 000 Personen mit synchroner PM. Der Frauenanteil lag bei rund 41 % (OM) bzw. 47 % (PM). Das mediane Erkrankungsalter lag mit 70 Jahren am höchsten bei low risk-OM und am niedrigsten mit 64 Jahren bei PM.
Hauptorte der extrapulmonalen Metastasierung waren bei OM und PM Knochen, Leber und Gehirn. Die mediane Nachbeobachtungszeit betrug 13 Monate. Während dieser verstarben rund 75 % in der OM und rund 89 % in der PM-Gruppe. Das beobachtete Überleben unterschied sich statistisch signifikant zwischen den Gruppen (log-rank Test: p<0,001; medianes Überleben low risk-OM: 16 Monate, PM: 6 Monate).
(Weitere Analysen zu den Krankheitsverläufen und Therapien werden derzeit durchgeführt.)
Diskussion: Erstmals konnten auf Basis einer großen, unselektierten Kohorte Aussagen zu Behandlung und Krankheitsverlauf von Personen mit synchron oligometastasiertem NSCLC aus Deutschland getroffen werden. Das beobachtete Überleben war vergleichbar bzw. leicht schlechter als in Studien mit hoch selektierten Personengruppen [5].
In den Krebsregisterdaten gegebenenfalls fehlende Informationen zu Metastasen führen zu einer Unterschätzung des mit der Krankheit assoziierten Risikos sowie des Überlebens in den Subgruppen. Fehlende Therapieinformationen führen zu unvollständig abgebildeten Therapiekonzepten.
Daten aus den Krebsregistern können Evidenzlücken füllen (z. B. für Hochbetagte oder Personen mit schlechtem Allgemeinzustand). Um valide Aussagen treffen zu können, sind jedoch „vollzählige“ Meldungen und „vollständige“ Meldungen (z.B. hoher Anteil fehlender ECOG-Angaben) an die Krebsregister wünschenswert.
Publikationsverlauf
Artikel online veröffentlicht:
11. März 2025
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