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DOI: 10.1055/s-0045-1802287
Zukunftsorientiert Qualifizieren: Neue Weiterbildungskonzepte im ÖGD – Chancen, Netzwerke und Diskussionen
Hintergrund: Der öffentliche Gesundheitsdienst (ÖGD) steht vor der Herausforderung, sich sowohl aktuellen als auch zukünftigen Anforderungen anzupassen. Dazu gehört eine verstärkte evidenzbasierte Arbeitsweise, die gezielte Weiterqualifizierung von Mitarbeitenden sowie die Anpassung von Qualifizierungsansätzen an internationale Entwicklungen im Sinne des Bologna-Prozesses. Vor diesem Hintergrund werden verschiedene Qualifizierungsangebote entwickelt, die sich aktuell in unterschiedlichen Phasen der Umsetzung befinden. Im Workshop werden drei Weiterbildungskonzepte für Mitarbeitende des ÖGD vorgestellt, diskutiert und gemeinsam reflektiert.
EvidenzÖGD (AÖGW): Im Rahmen des Forschungsvorhaben EvidenzÖGD (2021-2024) wurde das Trainee-Rotationsmodell „Wissenstransfer im ÖGD“ entwickelt, das Fachkräfte von Gesundheitsämtern und Hochschulen für eine Tätigkeit an der Schnittstelle zwischen Wissenschaft und Praxis auf kommunaler Ebene qualifiziert. Die teilnehmenden Trainees erwerben dabei u.a. die notwendigen Kompetenzen, um wissenschaftliche Erkenntnisse in Form von Evidenzsynthesen Adressat:innengerecht aufzubereiten und zu kommunizieren. Das erforderliche Kompetenzprofil wurde in einem Lernzielkatalog bestehend aus 6 Tätigkeitsfeldern und 75 Lernzielen festgehalten. Im Rahmen der einjährigen Qualifizierung rotieren die Trainees zwischen den beiden kooperierenden Institutionen, bestehend aus Gesundheitsamt und Hochschule, und werden vor Ort durch ein Mentoring begleitet. Die theoretischen Grundlagen werden in einer begleitenden Fortbildungsreihe vermittelt und während der Rotation in der Praxis angewandt. Um Synergien zwischen Wissenschaft und Praxis optimal zu nutzen und den Wissenstransfer effektiv zu fördern, erwerben die Trainees viele Lernziele in der direkten Zusammenarbeit. Das Qualifizierungsmodell wurde 2023 pilotiert und wissenschaftlich begleitet und wird 2025 erneut angeboten.
FETP4ÖGD (RKI/AÖGW/Professur Öffentliche Gesundheit der TU Dresden): Feldepidemiologie-Trainingsprogramme (FETPs) sind praxisorientierte Weiterbildungsprogramme, die darauf abzielen, die epidemiologischen Kapazitäten im ÖGD zu stärken. In Deutschland gibt es eine zweijährige Postgraduiertenausbildung für angewandte Epidemiologie (PAE), die sich an fortgeschrittene Epidemiologen richtet. Allerdings fehlen kürzere Programme, die epidemiologische Fähigkeiten auf abgestuften Kompetenzniveaus vermitteln. Ziel des Projekts FETP4ÖGD ist es, den Bedarf für solche Programme im kommunalen ÖGD zu ermitteln und ein Curriculum für ein kurzes, effektives FETP in Deutschland zu entwickeln. Hierzu fanden Interviews mit Expert:innen aus Gesundheitsämtern und Akademien sowie Fokusgruppen mit Vertreter:innen des ÖGD auf Bundeslandebene statt. Dabei kam ein Bedarf für die Einführung eines kurzen FETP-Programms für den kommunalen ÖGD zur Sprache. Auch auf europäischer Ebene besteht Interesse, ein solches Programm zu entwickeln und einen gemeinsamen Rahmen für internationale Standards zu schaffen.
Bachelor of Science in Lebensmittel- und Hygieneingenieurwesen (Berufsakademie Sachsen/Staatliche Studienakademie Plauen): Der duale Studiengang „Lebensmittel- und Hygieneingenieurwesen“ an der Berufsakademie Sachsen/Staatlichen Studienakademie Plauen, zukünftig Duale Hochschule Sachsen, bietet mit der Vertiefungsrichtung „Hygiene und Gesundheitsschutz“ eine praxisnahe Qualifizierung, die darauf abzielt, Studierende zu qualifizierten Fachkräften im Bereich Hygiene und Gesundheitsschutz im Öffentlichen Gesundheitsdienst auszubilden. Durch die enge Kooperation mit Praxispartnern wie Gesundheitsämtern und Krankenhäusern erhalten die Studierenden wertvolle Einblicke in reale Arbeitsabläufe und können ihr theoretisches Wissen direkt anwenden. Dies bereitet sie optimal auf den Berufseinstieg vor. Der Studiengang startet ab 2025 und bietet Studierenden erstmalig die Möglichkeit, eine akademische Ausbildung im Berufsfeld des Hygieneinspektors/-ingenieurs anzustreben. Er eröffnet somit neue Karrierechancen und folgt den internationalen Trends der Akademisierung in diesem Bereich.
Zielgruppe des Workshops: Der Workshop richtet sich an alle interessierte Personen aus dem ÖGD.
Lernziele des Workshops: Der Workshop hat das Ziel, den Teilnehmenden einen Überblick über die oben genannten Weiterbildungskonzepte im ÖGD zu geben und gemeinsam Ideen für die erfolgreiche Einbindung neuer Kompetenzprofile zu entwickeln. Im gemeinsamen Austausch erarbeiten die Teilnehmenden Ideen, wie Absolvent:innen mit neuen bzw. erweiterten Kompetenzprofilen in den kommunalen ÖGD integriert und dort optimal eingesetzt werden können. Dabei werden Chancen und Risiken der neuen Qualifizierungsangebote besprochen, mit einem besonderen Fokus auf praxisnahe Lösungsansätze für die erfolgreiche Implementierung im ÖGD. Durch die interaktive und partizipative Gestaltung fördert der Workshop die Vernetzung der Teilnehmenden sowie den Austausch von Erfahrungen und „Best-Practices“.
Aufbau des Workshops: Der Workshop gliedert sich in drei Phasen. Zunächst findet die Einleitungsphase (20 Minuten) statt, in der der/die Moderator:in die Teilnehmenden begrüßt und die Zielsetzung des Workshops darlegt. Es folgen Impulsvorträge von Vertretenden der Akademie für Öffentliches Gesundheitswesen (EvidenzÖGD), des Robert Koch-Instituts (FETP4ÖGD) und der Berufsakademie Plauen (BSc Lebensmittel- und Hygieneingenieurwesen).
In der Arbeitsphase (45 Minuten) werden die Teilnehmenden in Gruppen aufgeteilt, die je eines der Qualifizierungskonzepte aus verschiedenen Blickwinkeln beleuchten. Dabei wird diskutiert, wie die Programme die Anforderungen des ÖGD berücksichtigen, welche Chancen sie bieten und welche Möglichkeiten sich für organisatorische Aspekte wie Personalgewinnung, -bindung und -entwicklung ergeben könnten. Außerdem wird erörtert, wie Synergien und Netzwerke, z.B. durch Alumni, genutzt werden können. Der Workshop nutzt die 6-Hüte-Methode, bei der die Programme aus verschiedenen Perspektiven (analytisch, kritisch, optimistisch, kreativ und emotional) betrachtet werden. Jede Gruppe arbeitet 5 bis 10 Minuten pro Denkhut, dokumentiert die Ergebnisse, die abschließend auf Flipcharts festgehalten und diskutiert werden. 1-2 Moderatorunterstützen den Diskussionsprozess.
Die Abschlussphase (25 Minuten) umfasst die Präsentation der Gruppenergebnisse in Form einer Vernissage, eine Diskussion im Plenum sowie eine offene Fragerunde. Der Workshop endet mit Feedback und einem gemeinsamen Austausch.
Publikationsverlauf
Artikel online veröffentlicht:
11. März 2025
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