Gesundheitswesen 2025; 87(S 01): S192
DOI: 10.1055/s-0045-1802294
Abstracts │ BVÖGD, BZÖG, DGÖG, LGL
04.04.2025
Kommunale Prävention und Gesundheitsförderung kompetent, gemeinsam und evidenzbasiert stärken: Die Rahmenstrategie Communities That Care (CTC)
12:30 – 14:00

Kommunale Prävention und Gesundheitsförderung kompetent, gemeinsam und evidenzbasiert stärken: Die Rahmenstrategie Communities That Care (CTC)

U Walter
1   Medizinische Hochschule Hannover, Institut für Epidemiologie, Sozialmedizin und Gesundheitssystemforschung, Hannover
,
F Groeger-Roth
1   Medizinische Hochschule Hannover, Institut für Epidemiologie, Sozialmedizin und Gesundheitssystemforschung, Hannover
,
K Bremer
1   Medizinische Hochschule Hannover, Institut für Epidemiologie, Sozialmedizin und Gesundheitssystemforschung, Hannover
,
R Brender
1   Medizinische Hochschule Hannover, Institut für Epidemiologie, Sozialmedizin und Gesundheitssystemforschung, Hannover
,
K Neyer
1   Medizinische Hochschule Hannover, Institut für Epidemiologie, Sozialmedizin und Gesundheitssystemforschung, Hannover
,
D Röding
1   Medizinische Hochschule Hannover, Institut für Epidemiologie, Sozialmedizin und Gesundheitssystemforschung, Hannover
› Institutsangaben
 

Hintergrund: Kommunen kommt mit ihrer übergreifenden Organisationsstruktur, der Integration der Bereiche Bildung, Gesundheit, Soziales, Ordnung und Sicherheit sowie der Gestaltung des Lebensumfeldes in der Prävention und Gesundheitsförderung eine wichtige Rolle zu. Vielfach arbeiten Akteure unterschiedlicher Sektoren zusammen, um ihre Ziele, Strategien und Maßnahmen aufeinander abstimmen. So können Synergien geschaffen, Mehrfachangebote vermieden und Ressourcen gebündelt werden. Ein zentrales Themenfeld ist die Stärkung der psychosozialen Gesundheit von Kinder und Jugendlichen sowie die Prävention von Mobbing, Gewalt, Delinquenz und Substanzkonsum bei Heranwachsenden, die seit einigen Jahren vermehrte öffentliche Aufmerksamkeit erfahren. Die Gelingensfaktoren auf Ebene des Individuums, der Gleichaltrigen, der Familie, Schule und der Nachbarschaft sind ausreichend bekannt. Wirkungsüberprüfte präventive Maßnahmen liegen vor, die – gezielt eingesetzt – Risikofaktoren reduzieren und Schutzfaktoren bzw. Ressourcen Heranwachsender stärken können.

Konzept und Wirksamkeit von Communities That Care: Um Kommunen bei der Entwicklung einer integrierten Gesamtstrategie zur Gewalt- und Suchtprävention sowie der psychosozialen Gesundheitsförderung bei Kindern und Jugendlichen zu unterstützen, ist die Rahmenstrategie „Communities That Care“ (CTC) entwickelt worden. CTC wurde in den USA konzipiert, weltweit adaptiert, vom Landespräventionsrat Niedersachsen (LPR) nach Deutschland übertragen und 2009-2012 in einem niedersächsischen Modellversuch auf seine Übertragbarkeit getestet. Inzwischen wird CTC deutschlandweit in über 50 Kommunen durchgeführt und über das „Bündnis für Communities That Care in Deutschland“ weiterverbreitet (https://communities-that-care.de/). CTC integriert als systemische Intervention vorhandene örtliche Strukturen und Organisationen und bindet diese über vorhandene bzw. weiter entwickelte Entscheidungs- und Entwicklungsgremien ein [1].

CTC erfüllt alle Anforderungen an Strategien kommunaler Prävention und Gesundheitsförderung: (1) eine datenbasierte, bedarfsorientierte Planung, (2) die Entwicklung von Kompetenzen auf professioneller Ebene der Entscheidungstragenden und Akteure, (3) die Bildung unterstützender, nachhaltiger Strukturen, (4) die Förderung einer evidenzbasierten bzw. -informierten Entscheidung und (5) die Umsetzung wissenschaftsbasierter Maßnahmen.

Das theoretisch-empirisch basierte Präventionssystem CTC in Deutschland ist nach dem Verständnis der WHO ein Leuchtturmprojekt dafür, wie über die Veränderung systemischer Rahmenbedingungen, die Förderung kommunaler Kapazität (Capacity Building) und bedarfsorientierter, evidenzbasierter Präventionsmaßnahmen gesundheitsbezogene Verhaltensprobleme Heranwachsender positiv verändert werden können.

Evaluationsstudien zu CTC in den USA bestätigen, dass auf der Prozessebene die Qualität der Zusammenarbeit, Planung und Beschlussfassung zunimmt. Diese führen nach Langzeitstudien zu einer deutlichen Reduzierung von Verhaltensproblemen bei Heranwachsenden, die noch im Erwachsenenalter nachweisbar sind. Prozessevaluationen aus Deutschland zeigen, dass sich CTC auch hier innerhalb der etablierten Strukturen gut umsetzen lässt.

Im Rahmen einer, vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Replikationsstudie (2020-2023) wurde die Wirksamkeit in mehreren Bundesländern evaluiert. Zwei Jahre nach Beginn der Implementation von CTC haben die CTC-Kommunen im Vergleich zu Kontrollkommunen stärker einen wissenschaftsbasierten Präventionsansatz übernommen, mehr evidenzbasierte Präventionsprogramme implementiert und mehr Personen damit erreicht. Querschnittsdatenanalysen zeigen, dass verschiedene Dimensionen von Community Capacity mit einer überdurchschnittlichen Übernahme eines wissenschaftsbasierten Präventionsansatzes sowie mit geringeren Prävalenzen von Substanzkonsum (Tabak, Alkohol, Rauschtrinken, Drogen) assoziiert sind [3, 4].

Ziele und Aufbau des Workshops: Das CTC-Konzept, zentrale Instrumente sowie wissenschaftliche Erkenntnisse werden vorgestellt und ihre Umsetzung reflektiert. Eine verstärkte Einbindung des ÖGD soll diskutiert werden.

Im Workshops werden zunächst Kurzvorträge zur inhaltlichen Einordnung der Themen gegeben. Hierbei wird das Auditorium durch einzelne Fragen aktiv einbezogen. Eine Praxispartnerin aus einer CTC-Kommune veranschaulicht die Erfahrungen vor Ort. Am Schluss werden die Perspektiven einer intensiveren Zusammenarbeit mit dem ÖGD in der Zukunft diskutiert.



Publikationsverlauf

Artikel online veröffentlicht:
11. März 2025

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