Gesundheitswesen 2000; 62(1): 45-49
DOI: 10.1055/s-2000-10303
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Bewertung der Umsetzung des Bundeskrebsregistergesetzes und seiner langfristigen Folgen

J. Michaelis
  • Institut für Med. Statistik und Dokumentation, Johannes-Gutenberg-Universität, Mainz
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Publication Date:
31 December 2000 (online)

Allgemeine Situationsbeschreibung

Nachdem zuvor über mehr als ein Jahrzehnt eine - über weite Strecken unfruchtbare - Diskussion im Bereich von Wissenschaft, Politik und Datenschutz geführt worden war, stellte die Verabschiedung des Krebsregistergesetzes (KRG) des Bundes im Jahre 1994 einen echten Durchbruch dar. Mit Inkrafttreten des KRG zum 1. Januar 1995 hat die Krebsregistrierung und damit die Krebsepidemiologie einen wesentlichen Impuls und entscheidenden Fortschritt erfahren. Schon heute kann festgestellt werden, dass die in den einzelnen Bundesländern seit Inkrafttreten des KRG ergriffenen gesetzgeberischen Aktivitäten sowie die geleistete Aufbauarbeit auch über das geplante Auslaufen des KRG zum Ende des Jahres 1999 hinaus langfristig einer erfolgreichen Krebsbekämpfung dienen und, dass damit das KRG verbesserte Rahmenbedingungen für die Krebsforschung geschaffen hat.

Die Umsetzung des KRG wurde in den einzelnen Bundesländern mit unterschiedlicher Intensität angegangen: Hervorzuheben ist die Umsetzung der Anforderungen des KRG mit einem raschen Übergang in die Routineregistrierung in den fünf neuen Bundesländern und in Berlin (seit 1995), in Schleswig-Holstein und Rheinland-Pfalz (jeweils seit 1997). In anderen Ländern begann man etwas verhaltener, z. B. mit einem überschaubaren Erprobungsgebiet in Baden-Württemberg (durch die Vorbereitung des KRG mit angestoßen und bereits 1994 begonnen), in Bayern mit einem Rückgriff auf bei den existierenden Tumorzentren bestehende Meldestrukturen (seit 1998), in Bremen im Jahr 1998. Während in Niedersachsen bereits 1993 - analog zu den Pilotentwicklungen in Rheinland-Pfalz - die Realisierung technischer Anforderungen an die Krebsregistrierung erprobt wurde, wurde mit der eigentlichen Datenerhebung erst sehr viel später in einer ersten Ausbaustufe in einem Regierungsbezirk des Landes begonnen, die Verabschiedung eines Landesgesetzes erfolgte 1999. Das Landesgesetz in Hessen wurde 1998 erlassen und enthält nur unzureichende Ansätze zur Umsetzung des KRG. Bereits vor Inkrafttreten des KRG wurden auf der Basis von Ländergesetzen Krebsregister im Saarland, in Hamburg und in Nordrhein-Westfalen (dort beschränkt auf den Regierungsbezirk Münster) betrieben.

Von allen deutschen Krebsregistern hatte im letzten Jahrzehnt - insbesondere seit der Umstrukturierung des Krebsregisters der ehemaligen DDR - allein das Krebsregister des Saarlandes eine für wissenschaftliche Aussagen notwendige Vollzähligkeit von über 90 %. Aktuelle Schätzungen der Inzidenz in Deutschland müssen demzufolge zur Zeit ausschließlich auf der Basis dieses vergleichsweise kleinen Bundeslandes erfolgen. Die Weiterführung dieses Registers ist daher aus Kontinuitätsgründen besonders wichtig, obwohl bei der derzeitigen gesetzlichen Grundlage dort wichtige Bestimmungen zur Durchführung von registerbasierter epidemiologischer Forschung fehlen. Es ist zu erwarten, dass einige der anderen Krebsregister relativ bald eine dem Saarland vergleichbare Vollzähligkeit erreichen werden.

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