Zusammenfassung
Polychlorierte Biphenyle (PCB) wurden zwischen 1929 und 1989 produziert und vielfältig
als Arbeitsstoffe eingesetzt. Sicher nur ein kleiner Teil der PCB-Produktion wurde
für Weichmacher in Kunststoffen verwendet. PCB-belastete Kunststoffe finden sich u.
a. in großen öffentlichen Gebäuden. PCB sind ubiquitär in der Umwelt vorhanden und
werden hauptsächlich über die Nahrung aufgenommen. Die inhalative Aufnahme polychlorierter
Biphenyle hat nur in Ausnahmefällen eine Bedeutung.
In einer Nürnberger Schule wurden Ende der 90er-Jahre hohe PCB-Konzentrationen in
der Raumluft gemessen. Der Eingreifswert von 3000 ng/m3 Luft wurde bei mehreren Messungen überschritten. Im Sommer 2001 erfolgte eine PCB-Blutuntersuchung
bei Schulkindern dieser Schule durch einen von der Stadt beauftragten niedergelassenen
Laborarzt. Die Befundinterpretation war deswegen so problematisch, weil Referenzwerte
für die entsprechende Alterspopulation nicht zur Verfügung standen und ein Kontrollkollektiv
nicht untersucht wurde. Die Nachweisbarkeit von PCB im Blut von Schulkindern wurde
in den öffentlichen Medien einer PCB-Vergiftung gleichgesetzt. Angesichts der erheblichen
Beunruhigung der betroffenen Eltern und Lehrer gab der Bayerische Staatsminister für
Gesundheit, Ernährung und Verbraucherschutz eine neutrale Studie in Auftrag. Bei Studienplanung,
Durchführung und Auswertung wurden Vertreter der betroffenen Eltern und der Lehrerschaft
einbezogen. Neben den betroffenen Schulkindern wurde ein vergleichbares Kontrollkollektiv
aus einer nicht PCB-belasteten Schule untersucht.
Die Untersuchung wies niedrig chlorierte PCB im Blut der Kinder der belasteten Schule
häufiger und in höherer Konzentration nach. Bei den hoch chlorierten PCB zeigte sich
ein derartiger Unterschied nicht. Ein an der Vergleichspopulation definierter Referenzwert
(95. Perzentil) wurde bei Schülern der PCB-belasteten Schule nicht häufiger überschritten
als bei Schülern der Kontrollschule. Da somit die Belastung der Raumluft nicht zu
einer wesentlichen Mehrbelastung der Kinder mit PCB geführt hat, kann auch kein wesentlich
erhöhtes Gesundheitsrisiko durch den Aufenthalt in der PCB-belasteten Schule abgeleitet
werden.
Die vergleichende Bewertung der PCB-Belastung ermöglichte die Abschätzung der zusätzlich
aufgenommenen PCB-Menge und damit eine rationale Risikoabschätzung. Die transparente
Studienplanung und -durchführung unter Beteiligung der Betroffenen waren die Basis
für die Akzeptanz der Studienergebnisse und deren Interpretation und führten letztendlich
zu einer Beruhigung bei einem Großteil der betroffenen Eltern.
Abstract
Polychlorinated biphenyls (PCB) were manufactured between 1929 and 1989. Due to their
great chemical persistence, these substances have been used for many different purposes.
These chemical properties, however, caused PCB to accumulate in the food chain and
resulted in background exposure of the general population. PCB has also been used
as plasticizer for sealants in prefabricated buildings, thus causing problems to the
present date.
At the end of the 90ies in a school in Nuremberg, Germany, elevated PCB concentrations
were measured in indoor air. Some of these results were higher than 3,000 ng/m³ which
means decontamination according to the German “PCB directive”. Press coverage made
these results a matter of public debate, so that teachers, school children and parents
were highly worried because of possible health effects.
The Bavarian Minister for Health, Nutrition and Consumer Protection asked us to examine
school children and teachers with regard to their internal PCB exposure and health
complaints. A group of school children from a non-contaminated school served as controls.
For the determination of PCB levels the plasma samples were blinded before analysis.
Lower chlorinated PCB (PCB 28, 52, 101) were detected more often and in higher concentrations
in plasma samples of school children of the contaminated school compared to the controls.
The plasma levels of the higher chlorinated PCBs (PCB 138, 153, 180) did not show
similar differences between exposed and non-exposed school children. The relative
PCB doses additionally taken up in the contaminated school were less then 5 % of the
background exposure of the children. That is why it could finally be concluded that
no appreciable additional health risk may result from inhalation of PCB contaminated
indoor air in this school. Due to the design, performance and interpretation of this
study, including representatives of parents and teachers, these results were widely
accepted by most of the parents who initially had been very concerned about possible
health effects.
Schlüsselwörter
PCB - Risiko - Biomonitoring - Referenzwert - Hintergrundbelastung
Key words
PCB - risk - biomonitoring - reference values