Gesundheitswesen 2005; 67(2): 124-128
DOI: 10.1055/s-2004-813942
Originalarbeit

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Defizite und Perspektiven einer geschlechtergerechten Gesundheitsversorgung an den Beispielen KHK und psychische Störungen

Deficits and Outlook on Gender-Specific Health Care as Exemplified by CHD and Mental DisordersJ. Fuchs1
  • 1Charité Universitätsmedizin Berlin, Institut für Gesundheitssystemforschung
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Publication Date:
03 March 2005 (online)

Zusammenfassung

Über Geschlechterunterschiede in der Versorgung gibt es viele, teilweise widersprüchliche Ergebnisse, die Hinweise auf Über-, Unter- und Fehlversorgung von Frauen und Männern liefern. Vielfach wird die mangelnde Einbeziehung von Frauen in klinischen Studien beklagt, daher ist die Datenlage oft unbefriedigend. Als Ausweg bieten sich Surveydaten wie der Bundes-Gesundheitssurvey 98 an, um geschlechtsspezifische Fragestellungen zu bearbeiten. Mit den Daten des Bundes-Gesundheitssurveys 98 wird an den Beispielen der koronaren Herzkrankheit und psychischen Erkrankungen aufgezeigt, inwiefern sich Zahl der Arztbesuche, Medikamentengebrauch und Gesundheitsberatung von Frauen und Männern in verschiedenen Altersgruppen unterscheidet. Die Zahl der Arztbesuche unterscheidet sich bei beiden Erkrankungsgruppen sowohl nach Geschlecht als auch nach Altersgruppe. Für die KHK wird am Beispiel der Cholesterinwerte und entsprechender Medikation deutlich, dass von einer Unter- und Fehlversorgung besonders der älteren Frauen ausgegangen werden muss. Auch hinsichtlich der Gesundheitsberatung werden Frauen und Männern unterschiedliche Angebote gemacht. Die Ergebnisse weisen, wie viele andere auch, erneut darauf hin, dass geschlechtsspezifische Ansätze in die medizinische Forschung unbedingt einbezogen werden sollten.

Abstract

Gender differences in health care are controversially discussed. Results show superfluous, insufficient or inappropriate health care of female and male patients. Many publications show that women are not sufficiently included in clinical trials and therefore data are not useful for analysing gender differences. Survey data like the German National Health Interview and Examination Survey 1998 (Bundes-Gesundheitssurvey 1998) can be used alternatively to analyse gender specific issues. This survey was used to show possible age and gender differences in prevalence, drug usage and health counselling of female and male patients with coronary heart disease and mental disorders. The number of physician attendances differs in sex and age group in both groups of illnesses. Women have higher number of physician consultations than men and the elderly more than the younger persons. For elderly women with coronary heart disease the control of blood cholesterol levels seems to be poorer than in men. Men get more health counselling from their doctors than women. The results emphasize the importance of considering gender differences in medical research.

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1 Max-Planck-Institut für Psychiatrie, München und TU Dresden

2 Public Use File BGS98, Bundes-Gesundheitssurvey 1998, Robert Koch-Institut, Berlin 2000

3 Besuche bei Gynäkologen/-innen sind eingeschlossen, spielen aber hinsichtlich der KHK keine Rolle

Dr. Judith Fuchs

Zentrum für Human- und Gesundheitswissenschaften (ZHGB), Charité Universitätsmedizin Berlin, Institut für Gesundheitssystemforschung

Thielallee 47

14195 Berlin

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