Gesundheitswesen 2004; 66 - 5
DOI: 10.1055/s-2004-833743

Schmerzsyndrome in der Allgemeinbevölkerung – Ergebnisse einer Latent Class Analyse (LCA)

CO Schmidt 1, T Kohlmann 1
  • 1Institut für Community Medicine, Universität Greifswald

Hintergrund/Ziel: Für Schmerzen mit definierter anatomischer Lokalisation liegen für die Allgemeinbevölkerung verlässliche Prävalenzschätzungen vor. Nur wenig empirische Evidenz besteht dagegen für die Häufigkeit typischer Schmerzmuster. Die Hauptfragestellung dieses Beitrags lautet daher: Welche Schmerzsyndrome lassen sich in der Allgemeinbevölkerung nachweisen und welche Vorteile bringt eine solche Klassifikation? Methoden: Verwendet werden Daten des 1997 bis 1999 durchgeführten Bundesgesundheitssurveys (N=7124). Mittels Latent Class Analyse werden die Items zu Schmerzen in den letzten 7 Tagen in 13 Körperpartien analysiert. Zur Beurteilung des Modell-Fits dient neben dem Bayes Information Criterion (BIC) ein Bootstrap-Verfahren. Die SF-36 Subskalen und die Inanspruchnahme medizinischer Leistungen dient als Außenkriterium zur Beurteilung der Relevanz der Klassenlösung. Ergebnisse: Die Analysen führen zu einer inhaltlich sinnvollen 6-Klassenlösung. Die mit 52% größte Klasse besteht überwiegend aus schmerzfreien Personen. 14% bilden eine Klasse, in der Kopfschmerzen, 13% eine Klasse, in der Nacken- und Schulterschmerzen dominieren, 11% eine Klasse mit Rücken-, Bein- und Fußschmerzen. Die verbleibenden beiden Klassen bestehen aus Personen mit ausgebreiteten muskuloskeletalen Schmerzen ohne (6%) oder mit (4%) Kopf- und viszeralen Schmerzen. Abgesehen von der Klasse der Personen mit Rücken-, Bein- und Fußschmerzen sind alle Schmerzsyndrome bei Frauen häufiger. Die Klassengrößen unterscheiden sich in den Alterskohorten charakteristisch voneinander. Die mittels LCA bestimmte Lösung prädiziert die körperliche Funktionsfähigkeit und die Inanspruchnahme orthopädischer Behandlungen besser als ein einfacher Summenscore der schmerzhaften Körperregionen. Geringfügige Unterschiede bestehen für die weiteren Indikatoren (SF-36, Inanspruchnahme). Diskussion/Schlussfolgerung: Die häufigsten Schmerzformen treten im Rahmen sehr unterschiedlicher Schmerzsyndrome mit deutlich abweichenden Geschlechts- und Altersverteilungen auf. Der einfache Summenscore der Körperregionen mit Schmerzen enthält allerdings schon einen großen Teil der relevanten Informationen.