Gesundheitswesen 2004; 66 - 10
DOI: 10.1055/s-2004-833748

Sozial bedingte Unterschiede in der Inanspruchnahme des Therapieprogramms einer kardiologischen Rehabilitation nach akutem Myokardinfarkt

T Altenhöner 1, A Leppin 1
  • 1Universität Bielefeld, Fakultät für Gesundheitswissenschaften

Hintergrund: Statusabhängige Versorgungsunterschiede werden als eine Ursache gesundheitlicher Ungleichheit diskutiert. Während soziale Differenzen in den USA bereits im Hinblick auf den Zugang zu rehabilitativen Maßnahmen eine Rolle spielen, werden für Deutschland sozial bedingte Teilnahmeraten an Rehabilitationen eher nicht angenommen. Ungeklärt ist jedoch, ob die Schichtzugehörigkeit einen Einfluss auf die Versorgung während einer Rehabilitation hat. Ziel: Daher sollte geprüft werden, inwieweit sich der soziale Status eines Patienten auf die Teilnahme an den Therapiemaßnahmen während einer kardiologischen Anschlussheilbehandlung auswirkt. Methoden: In der prospektiven Längsschnittstudie wurden 560 AHB-Patienten (MAlter=59 Jahre; 25% weiblich) nach akutem Herzinfarkt und ihre Ärzte zu drei Zeitpunkten befragt. Die Messung erfolgte mittels standardisierter Fragebögen zu Beginn, am Ende sowie 6 Monate nach der AHB. Die Schichtverteilung (25% Unter-; 50% Mittel-; 25% Oberschicht) wurde auf Basis des Index von Winkler (1998) berechnet. In multiplen Analysen wurden Alter, Geschlecht und Schwere der Erkrankung kontrolliert. Abhängige Variablen waren die Teilnahmeraten an verschiedenen Therapieangeboten. Ergebnisse: Patienten mit niedrigerem Sozialstatus bekamen zu einem geringeren Prozentsatz Ergometer-, Muskelaufbautraining und Einzelpsychotherapie und zu einem größeren Anteil Nichtrauchertraining. Des Weiteren erhielten Patienten höherer Statusgruppen wöchentlich mehr Einheiten Ergometertraining, Muskelaufbautraining, Gruppengymnastik im Wasser, Bäder und berufliche Beratungen, nahmen aber seltener Ernährungsberatungen in Anspruch. Diskussion und Schlussfolgerungen: Während die häufigere Teilnahme an Nichtrauchertraining und Ernährungsberatung von Patienten niedrigerer Statusgruppen aufgrund der höheren Risikofaktorenbelastung als adäquat angesehen werden könnte, liegt eine solche Annahme für die geringeren Quoten bei dem bewegungstherapeutischen Programm und der Einzelpsychotherapie nicht nahe. Dementsprechend sollte nach Ursachen aber auch nach möglichen Folgen dieser Ungleichheiten gesucht werden.