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DOI: 10.1055/s-2004-833811
Häusliche Gewalt gegen Frauen: Prävalenz und Versorgungsbedarf
Hintergrund: Internationale Studien beschreiben den hohen Anteil gewaltbetroffener Frauen sowie verschiedene Risikofaktoren für das Erleiden von häuslicher Gewalt. Für Deutschland liegen bisher kaum Ergebnisse vor. Im Rahmen von S.I.G.N.A.L. wurden erstmals Patientinnen zum Kontext Gewalterfahrung befragt. Ziel war die Ermittlung der Prävalenz, des Versorgungsbedarfs sowie soziodemografischer Faktoren für gewaltbetroffene Frauen. Als Methode wurde eine Querschnittstudie gewählt. Im Frühsommer 2002 wurden für den Zeitraum von sieben Wochen alle Erste Hilfe-Patientinnen anonym von Interviewerinnen mittels standardisiertem Fragebogen in einem Universitätsklinikum in Berlin befragt. Der Auswertung liegen Daten von 806 Frauen zu Grunde, die Responserate beträgt 70%. Ergebnisse: 36,6% der befragten Frauen waren in ihrem Leben mindestens einer häuslichen Gewalthandlung nach dem 16. Lebensjahr ausgesetzt und 4,6% im vergangenen Jahr. 1,5% der Patientinnen suchten die Erste Hilfe wegen den Verletzungen aufgrund von akuter Gewalttaten auf. Häusliche Gewalt setzt sich aus verschiedenen Formen von Gewalt zusammen. Es zeigte sich, dass vornehmlich Familienstand, Partnerschaft, Alter, Bildung und Einkommen relevante Faktoren zur Beschreibung gewaltbetroffener Frauen sind. Diskussion: Die Ergebnisse zeigen das hohe Ausmaß von häuslicher Gewalt unter Erste Hilfe-Patientinnen. Aus den derzeitigen Daten können keine eindeutigen Risikofaktoren erschlossen werden. Schlussfolgerungen: Die Ergebnisse verweisen auf die Bedeutung von Gewalt als Ursache für Verletzungen und Beschwerden. Daher ist eine Routinebefragung von Erste Hilfe-Patientinnen nach Gewalterfahrung sowie die (flächendeckende) Implementierung von Interventionsprogrammen analog S.I.G.N.A.L. erforderlich.