Gesundheitswesen 2004; 66 - 77
DOI: 10.1055/s-2004-833815

Regionale Unterschiede im Alkoholkonsum von Männern und Frauen zwischen 1991 und 1998 in Deutschland

K Bloomfield 1, 2, U Grittner 2, S Kramer 2
  • 1University of Southern Denmark, Department for Health Promotion Research, Esbjerg, Denmark
  • 2Institut für medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie, Charité Universitätsmedizin Berlin, Berlin

Hintergrund: Seit der Wiedervereinigung Deutschlands sind soziale Veränderungen in vielen Bereichen des täglichen Lebens untersucht worden. Veränderungen in den Konsumgewohnheiten sind ein Thema dieser gesellschaftlichen Änderungen. Ziel: Untersuchung der Veränderungen in der Konsumhäufigkeit in Ost- und Westdeutschland zwischen 1991 und 1998 unter besonderer Berücksichtigung des Geschlechts. Methoden: Daten stammen aus 2 nationalen repräsentativen Gesundheitsumfragen (1991/92 und 1998). Die daraus entstandene Stichprobe repräsentiert die allgemeine Bevölkerung zwischen 25 und 69 Jahren und umfasst 7.463 Fälle. Gemessen wurden Trinkstatus, getränkespezifischer Konsum, täglicher Konsum, starker Konsum und der durchschnittliche Konsum pro Tag. Ergebnisse: Die Prävalenz fast aller gemessenen Trinkindikatoren nahm in beiden Teilen Deutschlands für beide Geschlechter ab. Der Rückgang in Ostdeutschland war deutlicher, vor allem beim Spirituosenkonsum und beim täglichen Konsum. Frauen in Westdeutschland konsumierten häufiger Alkohol als Frauen in Ostdeutschland, während bei den Männern Alkohol häufiger in Ostdeutschland als in Westdeutschland konsumiert wurde. Diskussion: Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass sich das Trinkverhalten im vereinigten Deutschland parallel zum Konsumverhalten in anderen Lebensbereichen entwickelt hat. Darüber hinaus wird die These bekräftigt, dass Ostdeutschland ein Sonderfall ist. Dass die ehemalige DDR durch die umfangreiche Leistungen der westdeutschen Regierung nach der Wiedervereinigung aufgefangen wurde, wenn auch gleichermaßen gezwungen wurde, sich anzupassen, führte dazu, dass politische, soziale und wirtschaftliche Änderungen sich hier anders als in anderen osteuropäischen Ländern vollzogen hatten. Schlussfolgerungen: Durch den Rückgang des Konsums scheint Ostdeutschland den Konsumstil Westdeutschlands angenommen zu haben, die Gründe dafür müssen allerdings nicht unbedingt in einer Adaption westlicher Lebensstile liegen, sie können auch in den Belastungen des gesellschaftlichen Wandels an sich liegen.