Gesundheitswesen 2004; 66 - 181
DOI: 10.1055/s-2004-833919

Soziale Ungleichheit beim Verstehen der eigenen Erkrankung: Das Beispiel Typ-2-Diabetes

A Mielck 1, W Rathmann 2
  • 1GSF – Institut für Gesundheitsökonomie und Management im Gesundheitswesen, Neuherberg
  • 2Deutsches Diabetes-Forschungsinstitut, Biometrie und Epidemiologie, Düsseldorf

Hintergrund: Bisher ist nur wenig darüber bekannt, wie viel die Patienten über ihre eigene Erkrankung wissen und welche sozialen Unterschiede bei diesem Krankheitswissen vorhanden sind. Ziel: Diesen Fragen soll an Hand des Beispiels ‘Diabetes Mellitus’ nachgegangen werden. Untersucht wird dabei auch, ob sich das zusätzliche Vorliegen eines Herzinfarktes auf diese sozialen Unterschiede auswirkt. Methoden: Die Probanden stammen aus der KORA-A-Studie, d.h. aus den 1989/90 und 1994/95 in Augsburg und Umgebung durchgeführten MONICA-Surveys und dem seit 1984 geführten populationsbasierten Augsburger Herzinfarkt-Register. Aus diesen beiden Quellen wurden alle noch lebenden Diabetiker einbezogen (Response-Rate 61,7% [Survey] bzw. 71,4% [Register]; Diabetes Typ 1/2: 6,1%/93,9%; Männer/Frauen 68%/32%; Alter 33–87J. mit Mittelwert 68J.; Datenerhebung 1997/1998). Es wurden drei Schulbildungsgruppen unterschieden. Die Erfassung des Wissens erfolgte mit 11 Fragen im Selbstausfüllbogen. In der multivariaten Analyse sind die Variablen Alter und Geschlecht kontrolliert worden. Ergebnisse: Es liegen Angaben von 361 Typ-2-Diabetikern vor (Survey 172; Register 189). Der Anteil mit gutem oder sehr gutem Wissen hinsichtlich Diabetes ändert sich in Abhängigkeit vom diabetes-spezifischen Thema (z.B. 24,0% bei ‘Ernährung/Diät’ und 39,1% bei ‘Blutzuckerkontrolle’). Die multivariate Analyse zeigt für die meisten Themen, dass ein gutes oder sehr gutes Wissen in der oberen Bildungsgruppe 2–3mal häufiger ist als in der unteren Bildungsgruppe. Das zusätzliche Vorliegen eines Herzinfarktes ändert nur wenig an diesen Ergebnissen. Diskussion: Die Repräsentativität der Ergebnisse ist eingeschränkt, da unklar bleibt, wie sich die Gruppe der Nicht-Teilnehmer zusammensetzt. Die Ergebnisse weisen jedoch übereinstimmend in die gleiche Richtung. Schlussfolgerungen: Die Bemühungen um eine Verbesserung des Krankheitswissens von Typ 2 Diabetikern sollten sich auch und vor allem auf die Diabetiker aus den unteren Bildungsgruppen konzentrieren.