Gesundheitswesen 2004; 66 - 223
DOI: 10.1055/s-2004-833961

Anteile geringen Handlungsspielraumes bei der Arbeit an den Krankheitsbehandlungskosten für erwerbsunfähige Frührentner

H Friedel 1, M Friedrichs 1, C Röttger 1, W Bödeker 2
  • 1Institut für Gesundheitsförderung und Prävention an der Universität Essen
  • 2Bundesverband der Betriebskrankenkassen, Essen

Hintergrund: Die hohen Krankheitsbehandlungskosten für erwerbsunfähige Frührentner sind für die Gesetzliche Krankenversicherung von ökonomischer Bedeutung. Wo sollte eine zielgerichtete arbeitsbezogene Prävention der Erwerbsunfähigkeit ansetzen? Wie können derartige Präventionsstrategien unter dem Aspekt günstiger Kosten-Nutzen-Relationen begründet werden? Ziel: Als Entscheidungshilfe für die arbeitsbezogene Prävention der Erwerbsunfähigkeit (EU) werden in einem Fall-Kontroll-Ansatz frühinvaliditätsrelevante Arbeitsbelastungen identifiziert und deren Anteile an den erhöhten Krankheitsbehandlungskosten für EU-Rentner ermittelt. Abschließend wird die Nutzbarkeit dieses Ansatzes für die Prävention herausgearbeitet. Methoden: Die Relevanz der arbeitsbezogenen Belastungen für die Erwerbsunfähigkeit wird anhand attributiver Risiken (AR) quantifiziert. Zum Ausschluss sozial-politisch motivierter Frühinvalidität werden nur EU-Rentner untersucht, bei deren Berentung die Arbeitsmarktlage bedeutungslos war. Die arbeitsbezogenen Anteile werden nur auf diejenigen Krankheitsbehandlungskosten der EU-Rentner bezogen, die mit der Frühinvalidität assoziiert sind. Ergebnisse: Die größte Bedeutung haben Belastungen durch geringen Handlungsspielraum (AR Männer=0,39, AR Frauen=0,19). Die mit der Frühinvalidität selbst assoziierten Krankheitsbehandlungskosten der EU-Rentner des Jahres 1999 belaufen sich auf ca. 5 Mrd. Euro. Davon sind ca. 1,5 Mrd. Euro (Männer: 1,1 Mrd. Euro, Frauen: 0,4 Mrd. Euro) mit geringem Handlungsspielraum assoziiert. Diskussion: EU-Berentungen können z.T. auf Arbeitsbelastungen durch geringen Handlungsspielraum zurückgeführt werden. Für einen männlichen bzw. weiblichen EU-Rentner fallen dadurch zusätzlich jährlich durchschnittlich ca. 2.000 bzw. 1.000 Euro Krankheitsbehandlungskosten an. Die Prävention einer EU-Berentung durch Abbau dieser Belastungen impliziert bspw. bei einem 45-jährigen männlichen Arbeitnehmer bis zu seinem Tod im 75. Lebensjahr ein Einsparpotential von ca. 60.000 Euro (30 Jahre à 2000 Euro).