Gesundheitswesen 2004; 66 - 255
DOI: 10.1055/s-2004-833993

Das Gesundheitsmodernisierungsgesetz in den Augen der Versicherten – Kenntnisstand, Akzeptanz und absehbare Verhaltensänderungen

E Swart 1
  • 1Institut für Sozialmedizin und Gesundheitsökonomie, Medizinische Fakultät der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg

Hintergrund: Mit dem Gesundheitsmodernisierungsgesetz (GMG) sind zahlreiche gravierende Änderungen der gesetzlichen Krankenversicherung verbunden. Das Reformvorhaben wurde bis zuletzt kontrovers diskutiert, vielfach wurde eine soziale Unausgewogenheit kritisiert, zu Jahresbeginn zeigten sich mehrfach Probleme bei der Umsetzung des Gesetzes. Eine Befragung von Versicherten sollte deren Meinungen und Befürchtungen bei Inkrafttreten des Gesetzes in Erfahrung bringen. Methode: Im Rahmen eines Seminars in Medizinischer Soziologie wurden 329 Personen im Dezember 2003 per Fragebogen zu ihrem Kenntnisstand bzgl. der Änderungen der GKV durch das GMG, zur Akzeptanz der Reformen und zu den von ihnen erwarteten Verhaltensänderungen befragt. Ergebnisse: Die wichtigsten Elemente des GMG (Praxisgebühr, höhere Zuzahlungen bei Medikamenten, Wegfall der Kostenerstattung beim Zahnersatz) waren jeweils 90% und mehr der Befragten zumindest in den Grundzügen bekannt; bzgl. der Änderungen bei den Fahrtkosten und dem Krankengeld waren es 77% bzw. 65%. Die Inanspruchnahme ärztlicher Leistungen wird sich in der Prognose der Befragten nur wenig ändern. Jeder fünfte Befragte meint, aufgrund der Praxisgebühr zukünftig seltener zum Arzt zu gehen, ohne Kostenerstattung bei den Fahrtkosten vermuten 15% der Befragten seltenere Arztkontakte. Eine Zusatzversicherung für Zahnersatz will etwa jeder Dritte abschließen (38%). Eine Sanierung der GKV durch das GMG halten nur 7% der Befragten für möglich, 80% kritisieren eine unausgewogene Verteilung der Lasten des Gesetzes. Nur jeder vierte hält auch unter dem GMG eine gleichmäßig gute medizinische Versorgung für alle gewährleistet. Diese Skepsis ist bei chronisch Kranken, älteren Versicherten und in den neuen Bundesländern überdurchschnittlich ausgeprägt. Diskussion: Das GMG stößt insgesamt auf breite Ablehnung in der Bevölkerung. Die Zielsetzungen aktueller und zukünftiger Reformvorhaben müssen daher stärker vermittelt, die Umsetzung besser vorbereitet, auf soziale Ausgewogenheit geachtet und die Auswirkungen evaluiert werden.