Zusammenfassung
Da niemand die Bevölkerungsentwicklung mit Sicherheit vorhersagen kann, sind demographische
Modellrechnungen erforderlich. Bei der probabilistischen Prognose werden die Annahmenalternativen
zu den drei Variablen der Bevölkerungsrechnung (Fertilität, Mortalität, Migration)
mit Eintrittswahrscheinlichkeiten verknüpft. Kennzeichen einer anderen Prognosestrategie
ist, dass sie alle für eine konkrete Fragestellung wesentlichen zukünftigen Risiken
berücksichtigt. Das Ergebnis solcher Prognosen ist nur für diese konkrete Fragestellung
relevant. Bei der Einführung der gesetzlichen Pflegeversicherung Mitte der 1990er-Jahre
bestand die wichtigste Kalkulationsgrundlage aus einer Infratest-Erhebung des Pflegebedarfs
in verschiedenen Altersgruppen im Jahr 1991. Inzwischen vorliegende Auswertungen zum
tatsächlichen Pflegebedarf zeigen, dass die Leistungsnachfrage in den höchsten Altersstufen
wesentlich größer ist als ursprünglich geschätzt: Frauen über 90 Jahren bezogen 2001
zu etwa 60 % Leistungen der Pflegeversicherung, geschätzt war ein Anteil von etwa
30 %. Die Zahl der Bezieher stationärer Pflegeleistungen stieg von 1996 bis 2002 um
rund 56 %, hätte aber aufgrund der demographischen Entwicklung nur um 7,1 % ansteigen
dürfen. Nach dem vom Statistischen Bundesamt vorsichtig prognostizierten Rückgang
der Mortalität bis zum Jahr 2050 wird der zukünftige Pflegebedarf ganz beträchtlich
steigen. Der notwendige Beitragssatz zur Finanzierung der gesetzlichen Pflegeversicherung
wird sich vervielfachen. Da die Pflegeversicherung noch am Anfang ihrer Entwicklung
steht, erscheint ein grundsätzlicher Systemwechsel hin zu einer privaten Versicherung
des Pflegerisikos noch möglich.
Abstract
Safe prognosis of long-term population developments is well-nigh impossible. Hence,
it is imperative to attempt demographic model estimates. Population estimates are
always based on three variables: fertility, mortality and migration. Their probability
must be considered. Another approach to this problem would include the essential and
foreseeable risks associated with these variables. The results of such prognoses are
of course only relevant for the concrete problem in question. When the German government
introduced statutory care insurance in the mid-nineties, calculations were based on
an Infratest survey of care requirements for various age brackets that had been conducted
in 1991. However, recently available assessments of actual care requirements in the
highest age brackets are considerably greater than originally estimated: women who
were older than 90 years accounted for 60 per cent of the total care expenditure instead
of the planned approximately 30 per cent. The number of persons requiring inpatient
care increased by about 56 per cent between 1996 and 2002 compared with the projected
7.3 per cent rise. Care requirements will greatly increase by 2050 if we consider
the probable mortality drop estimated by the Federal German Statistics Office. This
will make it necessary to multiply the required contributions to care expenditure.
Since the entire statutory care system is in its infancy, we think it may still be
possible to switch over to private care insurance to untie this Gordian knot.
Schlüsselwörter
Langfristige Veränderungen der Alterspyramide - beträchtlicher Anstieg der Altenpflegekosten
- private Pflegeversicherung
Key words
Long-term changes in population age spectrum - considerable rise in care expenditure
for the aged - private care insurance