Klin Monbl Augenheilkd 2006; 223 - R24
DOI: 10.1055/s-2006-948255

Wie altern retinale Gefäße?

I Lanzl 1, A Bock 1, A Schmidt-Trucksäß 1, W Vilser 2, M Halle 1, K Kotliar 1
  • 1Augen- und Poliklinik rechts der Isar München
  • 2Ilmenau

Hintergrund: Menschliche Gefäße und ihre Reaktionen auf Stimuli verändern sich im Laufe des Lebens durch physiologische, genetische und pathologische Einflüsse. Am Augenhintergrund ist es mittels Dynamic Vessel Analyzer (Fa. IMEDOS) möglich, die retinalen Gefäße in Echtzeit nicht invasiv zu erfassen und ihre dynamischen Reaktionen auf gefäßdurchmesserverändernde Stimuli zu analysieren. Wir benutzten Luminanzflicker um eine mögliche Altersabhängigkeit der Gefäßweitstellungsreaktion bei gesunden Probanden zu untersuchen. Methoden: Bei 156 internistisch Gesunden wurden die arterielle Gefäßreaktionen auf Flickerlicht im rechten Auge untersucht. Die Probanden wurden in drei Altersgruppen aufgeteilt: Junge (52 Probanden, 20–37 Jahre; 29,1±5,2 Jahre), Middle Age (52 Probanden, 38–52 Jahre, 44,5±4,3 Jahre) und Senioren (53–70 Jahre, 61,3±5,1 Jahre). Bei allen Probanden wurde mittels DVA die Gefäßweite eines arteriellen Netzhautgefäßabschnittes bestimmt. Nach 50s Baseline wurde ein monochromatischer rechteckförmiger Luminanzflicker (530–600 nm) mit einer Frequenz von 12,5Hz für 20s 3-mal appliziert. Zwischen den Stimulationen wurde jeweils eine 80s Erholungsphase eingehalten. Die Gefäßreaktion wurde aufgezeichnet und berechnet. Ergebnisse: Bei allen Probanden wurde eine prompte Dilatation der retinalen Arterien und eine darauf folgende reaktive Gefäßkonstriktion gesehen (p<0,001).

Die mittlere Gefäßdilatation am Ende der Flickerstimulation betrug:

Junge:

3,5%±2,4%

Middle Age:

3,8%±2,1%

Senioren:

2,4%±2,4%

Der Unterschied zwischen Middle Age und Senioren war statistisch signifikant (p<0,05).

Die mittlere maximale Gefäßkonstriktion nach der Flickerstimulation betrug:

Junge:

–2,4%±1,8%

Middle Age:

–1,5%±1,2%

Senioren:

–1,2%±1,3%

Der Unterschied der Konstriktion zwischen Jungen und den beiden älteren Gruppen war statistisch signifikant (p<0,05).

Schlussfolgerung: Die Luminanzflickerstimulation erzeugte bei allen Probanden eine prompte retinale Gefäßreaktion, die als Zeichen der neurovaskulären Kopplung zu sehen ist. Wir fanden eine Verminderung der Gefäßreaktion auf Flickerstimulation (sowohl Dilatation als auch Konstriktion) bei der älteren Probandengruppe. Die des „gesunden Alten“ unterscheidet sich vom jungen Menschen. Die Konstriktion spiegelt wahrscheinlich die Regulationsfähigkeit des Gefäßes wider. Die Luminanzflickerstimulation der retinalen Gefäße könnte eine Untersuchungsmethode zur Bestimmung der Gesundheit zentraler Gefäße darstellen.