Gesundheitswesen 2006; 68 - A44
DOI: 10.1055/s-2006-948600

Gleichmäßigkeit und Unterschiede in der Qualität der Gesundheitsversorgung

J Giehl 1
  • 1MDK Baden-Württemberg, KCQ

Gerechtigkeit und Gleichmäßigkeit in der Gesundheitsversorgung sind gesetzlich geboten (§ 1 SGB I). Beispielhaft wird dargestellt, inwieweit gleiche Qualität in der Versorgung realisiert, wünschenswert und möglich ist. Unterschiedliche Versorgungsqualität wird in diversen IV-Verträgen festgelegt. Die stationäre externe Qualitätssicherung umfasst 20% aller Leistungen, die übrigen sind einer solchen Beurteilung entzogen. Neue Methoden gelangen ungeprüft in die akutstationäre Versorgung. Das bundesweite QS-Reha-Verfahren erfasst in zahlreichen Indikationen eine sehr unterschiedliche Therapiequalität, ohne dass sich hieraus Konsequenzen ergäben. Andererseits gewährleisten im vertragsärztlichen Bereich zahlreiche Richtlinien und Qualitätssicherungsvereinbarungen eine zureichende Güte besonders aufwendiger oder häufiger Leistungen. Die stationäre externe Qualitätssicherung identifiziert Abteilungen mit Qualitätsparametern außerhalb konsentierter Referenzbereiche. Behandlungspfade im Rahmen verschiedener Versorgungskonzepte begünstigen eine standardisierte Behandlung, wenn die Umsetzung von Qualitätsbeurteilung begleitet wird. Die Instrumente für die Erreichung gleichmäßiger Leistungsqualität sind seitens der Administration die Dokumentation, die Evaluation, die Konsensfindung und die Sanktionierung. All diese Maßnahmen sind aufwendig und naturgemäß begrenzt verfügbar, sodass eine adäquate Selektion geboten ist. Ein rationales Mittelmaß sollte sich auf Kernindikatoren der Ergebnisqualität beschränken. Die Evaluation sollte nur Ergebnisparameter mit ableitbaren Konsequenzen umfassen und die Leistungsspektren aller Fachdisziplinen abbilden. Der Leistungsvergleich mit rein wirtschaftlichem Fokus sollte vermieden werden, zumal Standardisierung (jede Endoprothesenversorgung ist gleich) auch inhuman sein kann. Resümierend ist festzustellen, dass Standardisierung in der Versorgung Not tut, dass aber auch Individualität und Unterschiedlichkeit zugunsten der Humanität zu erhalten sind. Standardisierung sollte nur zum Ausschluss von negativen Extremleistungen führen und nur einen adäquaten Aufwand verursachen. Bei der derzeitigen ökonomisierten Grundstimmung u.a. infolge Geldmangels und Profitstrebens besteht die Gefahr inhumaner Gleichmäßigkeit.