Gesundheitswesen 2006; 68 - A45
DOI: 10.1055/s-2006-948601

Die arbeits- und sozialmedizinische Beurteilung der arbeitsbezogenen körperlichen Leistungsfähigkeit mit dem FCE-Assessment ERGOS®

A Glatz 1, V Anneken 2, W Heipertz 3, HM Schian 1, A Weber 1
  • 1Institut für Qualitätssicherung in Prävention und Rehabilitation an der Deutschen Sporthochschule Köln (Köln)
  • 2Deutsche Sporthochschule Köln – Institut für Rehabilitation und Behindertensport (Köln)
  • 3Bundesagentur für Arbeit (Nürnberg)

Hintergrund: Ein Assessment mit dem ERGOS® Work Simulator stellt ein standardisiertes aktivitätsorientiertes Verfahren zur computergestützten Simulation typischer körperlicher Anforderungen der Arbeitswelt dar. Bis heute liegen keine Validitätsstudien bezogen auf das Gesamtverfahren im Rahmen arbeits- und sozialmedizinischer Leistungsbeurteilung vor. Ziel: Die vorliegende Arbeit untersucht die Gültigkeit ERGOS-basierter ärztlicher Stellungnahmen zur spezifischen Fragestellung bzgl. der Fähigkeiten eine konkrete Tätigkeit ausüben zu können. Methoden: Es wurden 170 Probanden (Altersmedian 40 Jahre) untersucht, bei denen chronische Gesundheitsstörungen im Bereich des Rückens oder der Gelenke sowie ein gesundheitsbedingter Tätigkeitsabbruch bzw. -wechsel vorlagen (77,2% m/22,8% w). Zehn gutachterlich erfahrene Ärzte wurden zum Arbeitsstatus der Probanden verblindet. Auf der Basis verblindeter Vorinformationen sowie körperlichen Volluntersuchungen der Ärzte wurden ERGOS-freie ärztliche Stellungnahmen zur spezifischen Fragestellung abgegeben (N=164). Zudem nahmen die gleichen Ärzte (verblindet) erneut ERGOS-basiert Stellung (N=163). Die Beurteilungen wurden hinsichtlich ihrer Übereinstimmung mit vordefinierten Gruppen verglichen. Gruppe ‘Plus' war mind. 3 Monate ohne AU-Auffälligkeiten in Arbeit während Gruppe ‘Minus' der in Frage stehenden Tätigkeit gesundheitsbedingt nicht nachgehen konnte. Ergebnisse: In der Gruppe ‘Minus' konnten ohne ERGOS ca. 76 Prozent und bei Hinzunahme von ERGOS ca. 85 Prozent zutreffend beurteilt werden. In der Gruppe ohne AU-Auffälligkeiten (‘Plus') – konnten ohne ERGOS ca. 59 Prozent und bei Hinzunahme von ERGOS ca. 82 Prozent zutreffend beurteilt werden. Es war ein Zugewinn von 23 Prozent zu verzeichnen. Die Differenzierungsfähigkeit der ärztlichen Beurteilung in der Gesamtgruppe zur spezifischen Fragestellung ohne ERGOS beträgt d*=0,86, bei Hinzunahme von ERGOS steigt sie auf d*=1,9. Schlussfolgerungen: Im Rahmen der arbeits- und sozialmedizinischen Leistungsbeurteilung ist in vielen Fällen eine Unterstützung des Arztes durch den ERGOS® Work Simulator sinnvoll. Dies ergibt sich neben der Steigerung der Trefferquote zudem daraus, dass ERGOS-basierte ärztliche Stellungnahmen in beiden Gruppen in etwa gleichem Maße zu gültigen Beurteilungen beitragen. Der Nutzeffekt ergibt sich allerdings nicht automatisch, sondern das ERGOS-Ergebnis muss in den gutachterlichen Gesamtprozess eingebunden werden.