Gesundheitswesen 2006; 68 - A95
DOI: 10.1055/s-2006-948651

Strukturelle und verhaltensbezogene Faktoren in der Erklärung gesundheitlicher Ungleichheit

S Müters 1, J Giesecke 2
  • 1Technische Universität (TU) Berlin, Institut für Gesundheitswissenschaften
  • 2Universität Mannheim, Fakultät für Sozialwissenschaften

Hintergrund: Der Zusammenhang zwischen sozialer Ungleichheit und Gesundheit ist vielfach dokumentiert, über die Erklärungszusammenhänge kann dagegen weniger ausgesagt werden. Ziel: Ziel der Studie ist eine Quantifizierung der Erklärungsanteile struktureller und verhaltensbezogener Faktoren für bildungsspezifische gesundheitliche Ungleichheit. Dabei soll auch aufgeklärt werden, wie stark strukturelle Determinanten über das gesundheitsbezogene Verhalten wirken. Methoden: Die statistischen Analysen erfolgen mithilfe des Sozioökonomischen Panels (Erhebungswelle 2004). Für die logistischen Regressionsanalysen konnten ca. 16.500 Fälle (8.000 Männer und 8.500 Frauen) verwendet werden. Zur Operationalisierung des Gesundheitsverhaltens kann auf sportliche Aktivität, Body-Mass-Index, Tabakkonsum und bewusste Ernährung zurückgegriffen werden. Als strukturelle Faktoren standen der Erwerbsstatus, Haushaltseinkommen, Merkmale zur Wohnung und Wohnumgebung sowie subjektive Angaben zum Lebensstandard zur Verfügung. Ergebnisse: Insgesamt lässt sich ein bedeutender Anteil des nach Bildung differenzierten Gesundheitszustandes erklären, der Erklärungsanteil ist dabei für Männer größer als für Frauen. Die Zusammensetzung der Erklärungsanteile ist jedoch ähnlich: während sich zwei Drittel auf strukturelle Faktoren zurückführen lassen, liegt der Erklärungsanteil des Gesundheitsverhaltens bei einem Drittel. Diskussion: Die Ergebnisse sind vergleichbar mit der für Deutschland bislang einzigen Vorläuferstudie von Richter & Mielck aus dem Jahr 2000. Im Vergleich zum internationalen Forschungsstand erhärtet sich der Befund, dass strukturellen Faktoren ein deutlich höheres Gewicht bei der Verursachung gesundheitlicher Ungleichheit zukommt als dem Gesundheitsverhalten. Die Aufteilung der Erklärungsbeiträge könnten stark von den zur Verfügung stehenden Variablen zur Operationalisierung des Gesundheitszustandes, struktureller Faktoren und des Gesundheitsverhaltens abhängig sein; hier sind weitere Studien notwendig. Schlussfolgerungen: Zur Verringerung gesundheitlicher Ungleichheit sollte die Verbesserung der Lebensbedingungen sozial benachteiligter Bevölkerungsschichten deutlich stärker in den Mittelpunkt rücken.