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DOI: 10.1055/s-2007-984585
100 Jahre augenärztliche Gesellschaften in Sachsen-Anhalt und Thüringen
Das 100-jährige Jubiläum der Gesellschaft der Augenärzte Sachsen-Anhalts und Thüringens e.V. veranlasst zur komprimierten Darstellung der historischen Entwicklung der Societät und der vollbrachten Leistungen unter Berücksichtigung der in diesem Zeitraum vonstatten gegangenen immensen Weiterentwicklung der Augenheilkunde. Die Evidence-basierte Medizin, die sich mit Expresstempo weiterentwickelnden Mikro- und Nanotechnologien, das Computerwesen und der weitere Trend für minimal invasive OP-Verfahren lassen auch an die sich unweigerlich ergebenden Veränderungen und an die Bewältigung der Aufgaben für die Zukunft, wenn wir uns nicht bereits selbst in diesem Strudel befinden, denken.
Zu der durch Geheimrat Prof. H. Schmidt-Rimpler, Halle und Dr. P. Schreiber, Magdeburg für Sonntag, den 9. Juni 1907 15 Uhr erfolgten Einladung in die Königliche Augenklinik der Universität zu Halle/Saale zwecks Gründung der Vereinigung der Augenärzte der Provinz Sachsen, Anhalts und der Thüringer Lande erschienen 30 Augenärzte. Mit einer 12 Paragraphen umfassenden Satzung, der Konstituierung des Vorstandes und der Festlegung der Versammlungen zweimal pro Jahr nahm die neue Gesellschaft die Tätigkeit auf. Bestanden bereits die Ophthalmologische Gesellschaft Heidelberg (1857), die Berliner Augenärztliche Gesellschaft (1903), die Vereinigung der Rheinisch-Westfälischen (1899), Württemberger (1904) und Niedersächsischen Augenärzte (1905), so existierten in Halle seit 1839 die Krukenbergsche Vereinigung der Klinizisten, seit 1842 der Verein der Ärzte und Apotheker des Regierungsbezirkes Merseburg und seit 1860 der Hallesche Ärzteverein. Entsprechend der noch nicht erfolgten Abtrennung der Ophthalmologie von der Chirurgie beteiligten sich die Augenärzte mit bedeutenden Vorträgen zu deren Tagungen bis zur Gründung der eigenen Vereinigung. Als Hauptziele der Augenärztegesellschaft wurden neben der Hebung der Kollegialität vorzugsweise die Förderung der Augenheilkunde, Wahrung der Standesinteressen und die Regelung wirtschaftlicher Belange verfolgt. Der Vorstand arrangierte sich um die Erweiterung der wissenschaftlichen Tagungsprogramme, waren diese anfangs weitgehend von Demonstrationen von Patienten und Instrumenten geprägt. Allmählich erfuhren die Sitzungen durch hervorragende Vorträge eine Aufwertung. Die bis zum ersten Weltkrieg auf 60 angestiegene Mitgliederzahl stagnierte und die Versammlungen fielen durch das Kriegsgeschehen aus.
Mit der Wiederaufnahme der Vereinstätigkeit 1920 wurde das Spektrum der Referenten und die Anzahl der Vorträge erhöht. Nachdem sich 1921 je eine Augenärztevereinigung in Leipzig u. Dresden formiert hatte, wurde von P. Braunschweig eine Kartellbildung in Vorschlag gebracht, worauf am 23.5.1923 die Vereinigung Mitteldeutscher Augenärzte in Leipzig gegründet wurde. Die Tagungen fanden nun abwechselnd in Halle, Leipzig, Dresden oder Jena, gelegentlich auch in Erfurt unter Beteiligung der sächsischen Augenärzte statt. Zunehmend wurden Gastreferenten eingeladen. Ein Novum stellte1924 die erste Instrumentenfirmenausstellung auf einer Tagung dar. 1929 wurden Demonstrationen von Augenoperationen in die Tagung mit einbezogen.1930 erging die Bitte, die Damen mitzubringen.1939 erfolgte die Unterstellung der ärztlichen Fortbildung dem Reichsärzteführer. Im gleichen Jahr war erstmalig eine Frau namens Canon aus Halle unter den Referenten anzutreffen. Die Zusammenkünfte im 2. Weltkrieg wurden sehr ausgedünnt. Zu erwähnen ist die 1943 nach Leipzig einberufene Kriegstagung, die überwiegend die operative und medikamentöse Behandlung von Kriegsverletzungen zum Inhalt hatte.
Das Kriegsende bescherte mit dem Befehl der Besatzungsmächte die Auflösung sowohl der DOG als auch der Regional-Gesellschaften. Hatten sich 1950 anstelle der Vereinigung Mitteldeutscher Augenärzte an den Universitäten Dresden, Halle und Leipzig wissenschaftliche Gesellschaften für Augenheilkunde konstituiert, so wurde 1950 in Berlin eine Sondertagung der Augenärzte der DDR „100 Jahre Augenspiegel“ durchgeführt. 1954 wurde die Tagung der Medizinisch-wissenschaftlichen Gesellschaft für Augenheilkunde im Lande Sachsen und Sachsen-Anhalt angekündigt, wenngleich diese nach wie vor nur auf gegenseitiger Einladung beruhte. Die Intensivierung der Bemühungen um die Gründung der neuen Regional-Gesellschaften unter der Federführung von K. Velhagen führte zur Etablierung der Sächsisch-Thüringischen Augenärzte-Gesellschaft im April 1961 in Leipzig. Diese war ebenso wie alle anderen Regionalgesellschaften der Medizinisch-wissenschaftlichen Gesellschaft für Ärztliche Fortbildung und der Augenärzte-Gesellschaft der DDR in Berlin unterstellt. Es wurden jährlich Tagungen schwerpunktmäßig themenbezogen und additive Spezial-Symposien organisiert. Die schmerzliche Teilung Deutschlands gestattete, limitiert führende Ophthalmologen aus Westdeutschland einzuladen. Immerhin blieb der Bezug der Fachzeitschriften weitgehend erhalten, und dank der Bemühungen des DOG-Vorstandes, bes. von Prof. W. Jäger, die Versorgung unserer Kollegen mit den DOG-Kongressberichten.
Mit der Wiedervereinigung 1989/90 wurden auf dem letzten Kongress der Augenärzte der DDR in Rostock sowohl die Augenärztegesellschaft der DDR als auch die Regionalgesellschaften aufgelöst. Die geschaffenen fünf neuen Bundesländer mit den veränderten Landesgrenzen erforderten nach dem Einigungsgesetz eine Neuorientierung der Gesellschaften. Ähnlich wie vor der Auflösung der Gesellschaften entstanden die Augenärzte-Gesellschaften Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen, Mecklenburg-Vorpommern und Berlin-Brandenburg. Die Neugründung der Gesellschaft der Augenärzte Sachsen-Anhalts und Thüringens (SATh) als eingetragener Verein verdanken wir Prof. M. Tost. Die ersten zwei Tagungen der SATh wurden 1992 und 1993 in Halle durchgeführt. Seitdem wechseln die Tagungsorte entsprechend der Präsidentschaft. Die Abstracts der gehaltenen Vorträge werden seit 1998 als Beiheft der Klinischen Monatsblätter publiziert. Für das mittlere medizinische Personal wird seit 1994 ein Fortbildungskurs angeboten. Für den besten Vortrag jeder einzelnen Sitzung wird seit dem Jahr 2000 ein Preis ausgelobt, ebenso der Gewinner des traditionellen Fußballturniers.
Der Gesellschaft der Augenärzte Sachsen-Anhalts und Thüringens e.V. mit derzeit 137 Mitgliedern (84♂, 53♀) ist der weitere Weg mit der kardinalen Aufgabe der Fortbildung der überwiegend im mehr und mehr sich erweiternden ambulanten Sektor der Ophthalmologie tätigen Augenärzte gesichert.