Gesundheitswesen 2008; 70 - A15
DOI: 10.1055/s-2008-1076522

Vorhersagewert eines Interferon-Gamma-Test (IGRA) für die Entwicklung einer aktiven Tuberkulose nach frischer Infektion mit M. tuberculosis

R Diel 1, K Maywald-Walter 2, R Loddenkemper 3
  • 1Gesundheitsamt Hamburg Harburg
  • 2Gesundheitsamt Hamburg Mitte
  • 3Deutsches Zentralkomitee zur Bekämpfung der Tuberkulose, HELIOS Emil von Behring, Berlin

Hintergrund: In vielen Industriestaaten ist die Diagnose und Behandlung der latenten Tuberkuloseinfektion (LTBI) ein integraler Bestandteil der Tuberkulosekontrolle. Die Korrelation eines positiven Tuberkulin-Hauttests (THT) mit der Prognose infizierter, unbehandelter Personen ist in zahllosen Langzeitstudien untersucht worden. Der THT besitzt jedoch eine geringe Spezifität, insbesondere bei BCG-geimpften Populationen. Die neuen IGRA-Tests werden durch frühere BCG-Impfungen und die meisten ubiquitären Mykobakterien nicht beeinflusst, sind daher spezifischer und bieten wichtige logistische Vorteile. Trotz einer Vielzahl von Evaluationsstudien zu den IGRA-Tests ist die Schlüsselfrage, ob IGRA's besser sind als der THT bei der Vorhersage des Risikos einer Tuberkuloseerkrankung, bisher unbeantwortet geblieben. Weil der einzige „Goldstandard“ für eine LTBI die spätere Entwicklung einer aktiven Tuberkulose darstellt, kann diese nur durch Langzeitstudien beantwortet werden. Hamburg hat von allen 16 Bundesländern die höchste Tuberkuloseinzidenz. Wir führten daher eine prospektive Kopf-zu-Kopf – Vergleichsstudie (THT im Vergleich mit dem QFT) durch und analysierten die diskordanten Test-ergebnisse im Hinblick auf die Tuberkuloseentwicklung.

Methoden: Die fortlaufende Studie schloss 601 enge Kontaktpersonen von Sputum-positven TB-Indexpersonen zwischen dem 1. Mai 2005 und dem 30. April 2006 ein, die simultan getestet wurden. Informationen wurden für alle Kontaktpersonen ermittelt zu Alter, Geschlecht, Geburtsland, Imigrationsstatus, Beschäftigungsverhältnis, Art und Dauer der Exposition gegenüber dem Indexfall, früherer BCG-Impfung, Evidenz einer früheren Umgebungsuntersuchung oder TB-Erkrankung und die Ergebnisse einer Röntgen-Thorax-Untersuchung. Die Ergebnisse kulturell bestätigter Tuberkulosen wurden zwischen den erkrankten Kontaktpersonen und ihren mutmaßlichen Indexfällen mittels DNA-Fingerprinting „gematched“. Die Daten wurden mittels logistischer Aggressionsverfahren analysiert.

Resultate: Wir ermittelten hochsignifikante Differenzen in den Proportionen der Tuberkulose zwischen konkordanten (THT+/QFT+) und diskordanten (THT+/QFT-) Personen. Im Verlauf einer mittleren Beobachtungszeitraumes von fast 2 Personenjahren erkrankten 14,6% der QFT-positiven, aber keiner der QFT-negativen Kontaktpersonen. Die Ergebnisse werden im Focus der soziodemographischen und klinischen Informationen diskutiert.

Schlussfolgerungen: Die Überlegenheit des QFT über den THT zu der Vorhersage des Risikos einer schweren Tuberkuloseerkrankung bei frisch infizierten Personen war statistisch signifikant. Der Einsatz des QFT beim Screening enger Kontaktpersonen verkörpert eine signifikante Verbesserung bei der Identifikation von Personen, die am meisten von einer Chemoprävention profitierten.