Rehabilitation (Stuttg) 2018; 57(04): 224
DOI: 10.1055/a-0675-4536
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Gender-Bias bei der Reha-Planung nach Herzinfarkt

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Publication Date:
10 August 2018 (online)

In einer Promotionsarbeit wurde jüngst untersucht, inwieweit bei einer Visite von Patienten mit Herzinfarkt geschlechterbezogene Muster im Gespräch zwischen Arzt und Patient bzw. Patientin bestehen. Hintergrund ist die Unterrepräsentierung von Frauen in kardiologischen Reha-Maßnahmen. Die Studie erfolgte anhand einer qualitativen Auswertung von 37 Visitengesprächen sowie 20 Interviews mit den teilnehmenden Ärzten/Ärztinnen und Patienten/Patientinnen. Teilergebnisse zu Mustern in der Reha-Planung hat die Autorin nun in Ausgabe 2/2018 der Zeitschrift Forum Sozialarbeit und Gesundheit vorgestellt.

Bereits bekannt ist, dass bei der ärztlichen Wahrnehmung und Behandlung von Männern und Frauen ein Gender Bias besteht. So wurde in den 1990er Jahren festgestellt, dass ein akuter Herzinfarkt bei Frauen häufiger verkannt wird. Die Auswertung der 37 Visiten, in denen sich die Rehabilitationsplanung auf die stationäre Anschlussheilbehandlung beschränkte, stellt zunächst fest, dass ambulante und geriatrische Maßnahmen erst auf Nachfrage der Patientinnen thematisiert wurden. Zudem erfasste die Ärzteschaft in keinem Fall die körperliche Rehabilitationsfähigkeit. Die Autorin schließt aus den beobachteten Arzt-Patient-Interaktionen, dass die Integration psychosozialer Aspekte vermutlich kein Bestandteil der ärztlichen Rehabilitationsplanung sei. Auch bei der patientenseitigen Präferenz für unterschiedliche Rehabilitationsformen zeigte sich ein Einfluss des Geschlechts: Im Gegensatz zu Männern zogen weibliche Patienten eine ambulante Reha der stationären vor – ein Befund, für den die Autorin eine geschlechtsspezifische Verteilung von Familien- und Erwerbsarbeit als Erklärung anbietet. Die Arbeit empfiehlt u. a. eine Sensibilisierung und weitere Erforschung dieser Muster, damit Patientinnen gleiche Chancen auf eine nachhaltige Versorgung im Anschluss an einen Herzinfarkt haben wie männliche Patienten.

Quelle: Forum Sozialarbeit und Gesundheit