Zusammenfassung
Hintergrund/Fragestellung Seit dem Inkrafttreten des „Arzneimittelmarktneuordnungsgesetzes“ (AMNOG) 2011 bewertet
der „Gemeinsame Bundesausschuss“ (GBA) unter regelhafter Einbindung des Instituts
für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) den Zusatznutzen von
Arzneimitteln mit neuen Wirkstoffen gegenüber einer zweckmäßigen Vergleichstherapie.
Dieser bildet die Basis für Verhandlungen über den Erstattungsbetrag. Bei dieser Bewertung
ist die Möglichkeit vorgesehen, Nachweise zum Zusatznutzen durch indirekte Vergleiche
erbringen zu können, falls keine direkten Vergleichsstudien verfügbar sind. In IQWiG-Nutzenbewertungen,
die für den GBA wichtige Entscheidungshilfen darstellen, werden diese jedoch häufig
abgelehnt. Ziel dieser Untersuchung ist die systematische Überprüfung der Akzeptanz
von vorgelegten indirekten Vergleichen in IQWiG-Nutzenbewertungen sowie der entsprechenden
Ablehnungsgründe.
Methoden In Nutzendossiers vorgelegte indirekte Vergleiche sowie deren Akzeptanz bzw. Ablehnungsgründe
in IQWiG-Nutzenbewertungen wurden im Zeitraum 01.2011 bis 10.2017 untersucht. Dabei
wurden 6 Ablehnungskriterien systematisch geprüft, die sich an IQWiG-Anforderungen
orientieren: (1) zweckmäßige Vergleichstherapie (ZVT), (2) Vollständigkeit der Studiendaten,
(3) Studieneignung, (4) Studienähnlichkeit, (5) statistische Verfahren, (6) Homogenität/Konsistenz.
Ergebnisse In 62 AMNOG-Verfahren mit 52 Wirkstoffen bzw. Wirkstoffkombinationen wurden insgesamt
111 indirekte Vergleiche identifiziert. 94 % der indirekten Vergleiche wurden vom
IQWiG nicht akzeptiert. Häufigster Ablehnungsgrund war die Studieneignung (47,7 %)
gefolgt von Studienähnlichkeit (39,6 %) und Vollständigkeit der Studiendaten (38,7
%). Auch statistische Verfahren waren ein bedeutsamer Ablehnungsgrund (25,2 %), wobei
es dabei fast ausschließlich zu einer Ablehnung von sog. „nicht-adjustierten“ indirekten
Vergleich kam. Die ZVT (8,1 %) wie auch Homogenität/Konsistenz (2,7 %) waren seltene
Ablehnungsgründe.
Schlussfolgerung Indirekte Vergleiche werden vom IQWiG in der Regel aufgrund eines ungeeigneten Studienpools
(Studieneignung, -ähnlichkeit, -vollständigkeit) oder hoher Anforderungen an nicht-adjustierte
indirekte Vergleiche abgelehnt. In Anlehnung an die Vorgehensweise der Cochrane Collaboration
sollten realistische und pragmatische methodische Standards für die Durchführung von
indirekten Vergleichen im Rahmen von AMNOG-Verfahren entwickelt werden. Leitfäden
des IQWIG sowie methodisch tiefergehende Beratungsmöglichkeiten beim GBA sind erforderlich,
um die entsprechenden Einreichungen der pU im Vorhinein zu optimieren.
Abstract
Background/Aim Since the introduction of the “Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz” (AMNOG) law in
2011 “Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen” (IQWiG) is
routinely assessing pharmaceutical manufacturer submissions while FJC conducts the
appraisals of additional benefit versus appropriate comparator therapy. Subsequent
price negotiations are based on FJC’s appraisals. According to the AMNOG law evidence
derived from indirect comparisons might supplement clinical trial data. However, within
IQWiG’s assessments most indirect comparisons are rejected. We systematically reviewed
all submitted indirect comparisons, analysed acceptance rate and determined IQWIG’s
rationale for rejection.
Methods Indirect comparisons covering the time period 1’11–10’17 were derived from pharmaceutical
manufacturer dossier’s. Acceptance rate and rationale for rejections were determined.
In particular we systematically analysed 6 rejection criteria: 1) comparative therapy;
2) completeness of study data; 3) applicability of study design; 4) comparability
of study characteristics; 5) statistical features; 6) homogeneity/consistency
Results Within 62 AMNOG procedures, reflecting 52 new molecular entities, 111 indirect comparisons
were identified. IQWIG rejection rate was 94 %. Rationale for rejection was applicability
of study design (47.7 %), comparability of study characteristics (39.6 %), and completeness
of study data (38.7 %), statistical features (25.2 %), comparative therapy (8.1 %),
and homogeneity/consistency (2.7 %).
Conclusion The majority of submitted indirect comparisons are rejected by IQWiG due to concerns
regarding study selection. Realistic and pragmatic methodological standards that are
in line with current Cochrane procedures, have to be developed and implemented. Guidelines
by IQWiG as well as improved methodological advice has to be provided in advance by
“Gemeinsamer Bundesausschuss” (GBA) in order to guide and optimize respective effort
by pharmaceutical manufacturers.
Schlüsselwörter
AMNOG - Nutzenbewertung - indirekte Vergleiche
Key words
AMNOG - benefit assessment - indirect comparisons