CC BY-NC-ND 4.0 · Zentralbl Chir 2019; 144(04): 408-418
DOI: 10.1055/a-0956-7065
Übersicht
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Transanale totale mesorektale Exzision – Voraussetzungen zur sicheren Implementierung

Prerequisites for Safe Implementation of Transanal Total Mesorectal Excision
Werner Kneist
Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Transplantationschirurgie, Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Deutschland
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Korrespondenzadresse

Prof. Werner Kneist, MD
Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Transplantationschirurgie
Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität
Langenbeckstraße 1
55131 Mainz
Deutschland   
Phone: 0 61 31/17-72 91   
Fax: 0 61 31/17-66 30   

Publication History

Publication Date:
14 August 2019 (online)

 

Zusammenfassung

Die transanale totale mesorektale Exzision (TaTME) ist eine innovative und technisch anspruchsvolle Methode zur chirurgischen Behandlung des Rektumkarzinoms. Ziel dieses Artikels ist es, die Voraussetzungen und Trainingsbedingungen darzustellen, die für die sichere Implementierung dieses komplexen Verfahrens entscheidend sind. Die internationalen Expertenmeinungen werden vor dem Hintergrund der veröffentlichten Ergebnisse aus TaTME-Schulungszentren diskutiert. Darüber hinaus werden eigene Erfahrungen aus den TaTME-Anatomiekursen (Video) und einer ersten klinischen Serie von 102 TaTMEs mitgeteilt. Das Verfahren sollte in erster Linie von kolorektal spezialisierten Fachärzten für Chirurgie durchgeführt werden. Zunächst ist aber ein strukturiertes Schulungsprogramm an ausgewiesenen Aus- und Weiterbildungszentren obligatorisch. Ein Training am Körperspender und ein Proctoring für die ersten klinischen Fälle sind für eine sichere Implementierung der TaTME erforderlich. Die TaTME-Schulungskonzepte müssen weiterhin validiert werden. Die statistischen Auswertungen erster Fallserien deuten auf Lernphasen hin, die mindestens 40 Operationen umfassen. Hiernach werden niedrigere Komplikationsraten und eine akzeptable TME-Qualität erreicht. Auch in vorliegender Fallserie nahm die Morbidität nach > 40 Fällen signifikant ab (Clavien-Dindo ≥ III: 29 vs. 9%). Die Indikation wird bei besonders hohem Risiko (Median: 6 Risikofaktoren, Streubreite: 4 – 8) für ungenügende TME-Qualität und kritisch eingeschränkte Funktionalität gestellt. Für High-Volume-Zentren mit einer Konzentration von entsprechend selektierten Patienten wird eine TaTME-Frequenz von 20 pro Jahr empfohlen. Strukturierte Schulungsprogramme für TaTME sind notwendig und sollen vor der Einführung in die Klinik durchlaufen werden. Der Case-Volume-Effekt und die individualisierte Indikation führen zur Konzentration der Methode an spezialisierten Zentren.


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Abstract

Transanal total mesorectal excision (TaTME) is an innovative and technically demanding surgical approach for the treatment of rectal cancer. This review summarises the international consensus statements on prerequisites and training requirements for safe implementation of this complex procedure. Recommendations will be discussed on the basis of the published surveys from dedicated training centres. Furthermore, experience is shared on mentored TaTME cadaveric courses (video) and an initial clinical series of 102 TaTMEs. The procedure should be performed primarily by postgraduate colorectal surgeons. Initially, a structured training program at designated training centers is mandatory. Cadaver training and proctoring are the central elements required to ensure safe implementation of TaTME in clinical practice. However, validation of TaTME training concepts needs further work. Evaluation of the first pioneering series indicates a learning phase with at least 40 operations. Above the cut-off, lower complication rates and acceptable quality of specimen are achieved. In our series, morbidity decreased significantly (Clavien-Dindo ≥ III: 29 vs. 9%). With the indication for TaTME, we find a median of 6 risk factors (4 – 8) for an unfavourable outcome after abdominal TME alone. Only high volume centres with a concentration of appropriately selected patients could aim for a proposed TaTME frequency of 20 per year. Structured training programs for TaTME are justified and must be completed before implementation in clinical practice. The case volume effect for the learning curve and individual patient selection are crucial and support the concentration of the new method in high volume centres.


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Einleitung

Die von R. J. Heald über eine Laparotomie durchgeführte totale mesorektale Exzision (TME) zur chirurgischen Behandlung des Rektumkarzinoms hat sich über 3 Dekaden hinweg ohne vorgeschaltete randomisierte Studie weltweit etabliert [1]. Für Karzinome des mittleren und unteren Rektumdrittels wird sie als Therapieleitlinie empfohlen [2]. Die TME erfolgt zunehmend laparoskopisch bzw. robotisch assistiert und kann mit dem im Jahr 2010 erstmals beschriebenen transanal videoendoskopisch assistierten Vorgehen kombiniert werden (transanale TME; TaTME) [3]. Die innovative TaTME befindet sich derzeit im Stadium der Exploration [4] und ist an einzelnen spezialisierten Zentren mittlerweile weitgehend standardisiert durchführbar. Die anspruchsvolle Operationsmethode kann allerdings nicht als Routineverfahren angesehen werden [5]. Es ist auch zu berücksichtigen, dass die TaTME wegen des operationstechnischen, zeitlichen und personalintensiven Aufwandes und den damit verbundenen Kosten in das Gesamtkonzept der multimodalen, interdisziplinären Therapie des Rektumkarzinoms eingepasst werden muss. Für die Protagonisten des Verfahrens gibt es andererseits keinen Zweifel daran, dass die TaTME in das Portfolio von auf die onkologische Kolorektalchirurgie spezialisierten Zentren gehört. Es bleibt zukünftige klinisch-wissenschaftliche Aufgabe, den Evidenzgrad zu steigern und relevante Lücken zu schließen [6], [7]. Um die Indikation weiter zu spezifizieren, müssen schnellstmöglich bereits für die in laufenden Trails einzubringenden Patienten, ihre Operateure und die Einrichtungen einheitliche Kriterien für den Studieneinschluss definiert werden. Über das standardisierte curriculare Training als eine Grundvoraussetzung für die Implementierung dieser anspruchsvollen und komplexen Operationstechnik besteht weitgehend Einigkeit [8]. In der vorliegenden Arbeit werden die von einer kleinen internationalen Gruppe wissenschaftlich interessierter Chirurgen publizierten Erkenntnisse und Daten aus den wesentlichen Konsensuskonferenzen zusammengefasst, diskutiert und bewertet. Auf die patientenbezogenen Indikationsvoraussetzungen, wird dabei speziell im Hinblick auf die Ausbildungssituation eingegangen. Die Operationsmethode einschließlich spezifischer intraoperativer Fehlerquellen wird anhand von Trainingsvideos nachvollziehbar dargestellt.


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Methode

Die Empfehlungen zu den Trainingsanforderungen – mit dem Ziel einer sicheren Implementierung der TaTME – werden aus 4 veröffentlichten Positionspapieren internationaler Experten [9], [10], [11], [12] extrahiert und systematisch dargestellt ([Tab. 1]). Jeweils anschließend werden die Schwerpunkte anhand der Erhebungen aus Trainingszentren und vor dem Hintergrund der zukünftig sowohl individuell als auch zentrumsbezogen notwendigen Eingriffszahlen diskutiert. Eigene Ergebnisse, werden mit den Angaben der Literatur verglichen.

Tab. 1 Expertenkonsensus mit Hinweisen zum Training und zur sicheren Implementierung der TaTME.

Autoren, Jahr

Prozess

Experten

Nationen

Resultat

Besonderheiten

Sponsoren

ITEC: International TaTME Educational Collaborative

Motson et al., 2016 [9]

strukturierter Workshop und Konferenz

16

8

Übereinstimmung zur Notwendigkeit und zum Inhalt des Trainings

Expertenkonsens nach kollektiver Erfahrung von 492 TaTMEs (durchschnittlich durchgeführte TaTMEs: 35; Streubreite 8 – 121)

Applied Medical Inc

Penna et al., 2016 [10]

strukturierter Workshop und Konferenz

18

12

globaler Bewertungsscore, für Training entwickelt und getestet

Umfrage mit 25%iger (150/600) Rücklaufquote der in Großbritannien befragten kolorektalen Chirurgen

Olympus Medical Surgiquest

Francis et al., 2017 [11]

Konsensusprozess (3 Phasen)

59

18

4-stufiges, strukturiertes Curriculum

Formation „ITEC“

Experten mit im Median 25 (Streubreite 10 – 250) durchgeführten TaTMEs

Olympus Medical

Adamina et al., 2018 [12]

Konsensusprozess (3 Phasen)

40

20

Definition von Kursinhalt, Proctoring/Mentoring, Ergebniskontrolle

Multidisziplinarität:

  • 1 Internist

  • 1 Radiologe

  • 1 Pathologe

  • 37 Chirurgen (mit ≥ 25 TaTMEs)

European Colorectal Congress of St. Gallen, Switzerland

Zusätzlich demonstrieren 2 Videos zentrale Aspekte des Trainingsmoduls „TaTME am Körperspender“.


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Der Chirurg

Der Chirurg soll die Expertise für die laparoskopischen kolorektalen inkl. onkologischen Resektionen besitzen und Erfahrungen mit transanalen Operationen haben (Stapler-Hämorrhoidektomie, endoskopische Chirurgie, koloanale Anastomose) [9]. Eine Mehrheit (68%) stimmte für den Nachweis von ≥ 30 laparoskopischen TMEs (Streubreite 10 – 100); 92% setzten mindestens 5 transanale minimalinvasive Eingriffe voraus. Übereinstimmend wurden Facharztstatus (97%) und eine laparoskopisch-kolorektale Subspezialisierung (95%) erwartet [11]. Der St.-Gallen-Konsensus legte den konstanten Nachweis von mindestens 10 qualitativ adäquaten TMEs jährlich fest (97,3%) [12].

In den Expertenrunden wurden die o. g. Voraussetzungen für den Operateur und für die Mindestzahlen sehr moderat formuliert. In den Niederlanden wird vor Durchführung der TaTME mittlerweile eine persönliche Expertise von 50 laparoskopischen TMEs vorausgesetzt [13].

Formal sollten in Deutschland am ehesten die auch als Basisqualifikation für benannte Operateure an den zertifizierten Darmkrebszentren geltenden fachlichen Voraussetzungen angeführt werden (Facharzt für Viszeralchirurgie mit Zusatzweiterbildung Spezielle Viszeralchirurgie bzw. der Schwerpunkt Viszeralchirurgie nach älteren Weiterbildungsordnung oder der Facharzt für Allgemeinchirurgie mit der europäischen Qualifikation EBSQ Coloproctology) [15]. Die geforderte Expertise für minimalinvasive kolorektale Chirurgie lässt sich daraus allerdings nicht ableiten. Darüber hinaus ist für die Erfüllung der geforderten jährlichen Mindestmenge von 10 TMEs auch die Akkreditierung als Darmoperateur (10 Rektumeingriffe/Jahr) bzw. als Senior-Darmoperateur (30 Rektumeingriffe/5 Jahre) allein nicht ausreichend. An der Universitätsmedizin Mainz wurde bei Patienten mit primärem Rektumkarzinom mindestens der transanale Part der TaTME vom selben Operateur durchgeführt. Alle o. g. Voraussetzungen waren erfüllt.


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Die Klinik

Die Klinik soll auf eine jährliche Mindestzahl von 20 laparoskopisch oder robotisch operierten Rektumkarzinomen verweisen können. Mehrheitlich (69%) wurde vertreten, die TaTME zentralisiert an spezialisierten High-Volume-Zentren durchzuführen. Uneinigkeit bestand hinsichtlich der Mindestfallzahl an TaTMEs pro Jahr, die zur Aufrechterhaltung der Kompetenz erforderlich ist (Streubereich 5 – 60 Fälle pro Jahr). Die Hälfte (52%) der teilnehmenden internationalen Experten sprachen sich für mindestens 20 Fälle pro Jahr aus, um idealerweise 2 trainierte Chirurgen vorhalten zu können. Letzteres befürworteten 88% der Teilnehmer [11]. In anderer Runde wurde geschätzt, dass jährlich durchschnittlich 14 TaTMEs notwendig sind, um die Kompetenz zu erhalten [10].

Im Vereinigten Königreich (UK) sind 62% der befragten Chirurgen der Meinung, dass die TaTME nicht in jeder Abteilung für kolorektale Chirurgie angeboten werden soll [10]. Im nationalen Ausbildungsprogramm der Niederlande wird die Frequenz von 20 TaTMEs pro Jahr und Zentrum vorausgesetzt [13].

Ausgehend von 283 zertifizierten Darmkrebszentren in Deutschland und den pro Zentrum dokumentierten Primäroperationen bei Rektumkarzinom (Median: 26; Streubreite: 11 – 91; inkl. partiell mesorektaler Exzisionen und transanaler Vollwandresektionen) [15] sowie der Tatsache, dass die TaTME die abdominelle TME nicht ersetzt, dürften weniger als die Hälfte die Mengenempfehlungen erfüllen. Auch die Zertifizierung der Deutschen Gesellschaft für Allgemein- und Viszeralchirurgie (DGAV) zum koloproktologischen Exzellenz- oder Referenzzentrum ist mit der Mindestanzahl von 50 Rektumresektionen pro Jahr zu unscharf, um daraus die empfohlenen Bedingungen zur Einführung der TaTME abzuleiten [16].

An der Universitätsmedizin Mainz wird, abgesehen von der transanalen Vollwandexzision bei Low-Risk-T1-Karzinomen, die TME offen, laparoskopisch oder robotisch für primäre Karzinome der unteren beiden Rektumdrittel vorgesehen. Nach der Etablierung (2014 – 2016) wird die TaTME in 18,4% (21/114) der Primärfälle indiziert ([Abb. 1] und [2]; [Tab. 2]). Der Altersmedian der Patienten lag bei 59 Jahren (37 – 79) und die allein abdominelle Operation wäre bei einem Median von 6 Risikofaktoren (4 – 8) mit höherer Wahrscheinlichkeit zur Konversion, höherem Risiko schlechter Präparatequalität und der Verletzung autonomer Beckennerven verbunden gewesen [17]. Bei risikoadaptierter Indikationsstellung und Parallelität zur Einführung der robotisch assistierten TME liegt die jährliche Fallzahl an unserem Zentrum damit zu niedrig, um die empfohlene Doppelvorhaltung für den transanalen Part der Hybridoperation zu gewährleisten. Nachdem bei kolorektaler Schwerpunktbildung u. a. transanale endoskopisch assistierte Vollwandresektionen und offene transanale Dissektionen des kloakogenen Rektums ins Spektrum gehören, ist unserer Erfahrung nach die genannte Minimalfrequenz von ≥ 5 TaTMEs bei primärem Rektumkarzinom zur Aufrechterhaltung der Teamkompetenz dennoch akzeptabel. Die institutionelle TaTME-Frequenz von 20 pro Jahr könnte am ehesten durch weitere Konzentration von Patienten mit Risikokonstellation erreicht werden.

Zoom Image
Abb. 1 Operation bei Patienten mit primärem Rektumkarzinom ≤ 12 cm ab anokutan an der Universitätsmedizin Mainz (01/2017 – 05/2019). Patienten mit partiell mesorektaler Exzision (n = 13) und transanaler Vollwandresektion (n = 4) ausgeschlossen. (TARR: tiefe anteriore Rektumresektion; APE: abdominoperineale Rektumexstirpation; TATA: transanal-transabdominale Operation; TaTME: transanale TME).
Zoom Image
Abb. 2 Risikokonstellation: nach neoadjuvanter Radiochemotherapie nicht mehr sicher tastbares juxtaanales Rektumkarzinom, Prostatahyperplasie, enge Beckeneingangsebene, anteriorer Quadrant infiltriert (Nr. 17 in [Tab. 2]).

Tab. 2 Selektive Indikation zur TaTME bei 21 konsekutiven Patienten der Universitätsmedizin Mainz aufgrund der Kumulation von Risikofaktoren für eine inadäquate TME.

Nr.

CA < 6 cm ab a. c.

enges Becken

BMI* > 30 kg/m2

BPH

CA Ø > 4 cm

kritischer DRM

RCT

cpR

ant. Quadrant infiltriert

TVE

CA cm ab a. c.

CA cm ab l. d.

OP

Anast. cm ab a. c.

Anast. Art

DRM mm

CRM mm

MERCURY-Grad

CA: Karzinom; BMI: Body Mass Index; BPH: benigne Prostatahyperplasie; DRM: distaler Sicherheitsabstand; CRM: zirkumferenzieller Sicherheitsabstand; RCT: neoadjuvante Radiochemotherapie; cpR: komplette pathologische Remission; TVE: nach transanaler Exzision mit High-Risk- bzw. R1-Situation; OP: Operation; Anast.: Anastomose; a. c.: Linea anocutanea; l. d.: Linea dentata; lap: laparoskopisch assistiert; rob: robotisch assistiert; EE: End-End-Anastomose; SE: Seit-End-Anastomose: Hand: peranale Handnaht; Stapler: transanale zirkuläre Klammernahtanastomose; * viszerale Adipositas bei BMI < 30 unberücksichtigt

1

+

+

+

+

+

+

+

3

0

lap

2,0

SE Hand

11

15

1

2

+

+

+

+

8

5

rob

3,5

SE Stapler

15

9

1

3

+

+

+

+

+

+

+

+

5

2

rob

3,0

EE Hand

15

9

1

4

+

+

+

+

+

+

+

4,5

1

lap

3,0

EE Hand

10

5

1

5

+

+

+

+

+

4

0,5

rob

3,0

EE Hand

3

10

2

6

+

+

+

+

+

5

2

lap

3,0

SE Stapler

9

2

1

7

+

+

+

+

+

+

+

+

4

0

lap

2,5

EE Hand

13

2

1

8

+

+

+

+

+

+

+

3

0

rob

2,0

EE Hand

6

< 1

2

9

+

+

+

+

+

4,5

1

rob

2,5

SE Stapler

18

14

1

10

+

+

+

+

+

+

4

1

rob

2,5

SE Hand

5

6

2

11

+

+

+

+

+

+

4,5

1

rob

3,0

SE Stapler

10

> 2

1

12

+

+

+

+

+

+

4,0

1,5

rob

3,0

EE Stapler

5

10

1

13

+

+

+

+

+

+

4,5

1,5

lap

3,0

SE Stapler

5

> 2

1

14

+

+

+

+

6,5

3,5

rob

4,0

EE Stapler

15

5

1

15

+

+

+

+

+

3,5

0,5

rob

3,0

EE Hand

5

10

2

16

+

+

+

+

+

+

+

+

4

0,5

lap

3,0

EE Stapler

5

5

2

17

+

+

+

+

+

+

+

4

0,5

rob

1,5

EE Hand

4

3

1

18

+

+

+

+

+

+

+

+

4,5

0,5

rob

3,0

EE Stapler

10

3

1

19

+

+

+

+

4

1

rob

3,0

EE Hand

7

10

1

20

+

+

+

+

+

+

4

1

lap

3,0

EE Hand

14

10

1

21

+

+

+

+

+

+

+

5

2

rob

3,5

EE Stapler

10

5

1


#

Das Trainingszentrum

Es wird an die Verfügbarkeit von Arbeitsplätzen und Equipment zum realitätsnahen Simulationstraining geknüpft (68%). Mindestens 2 Workshops sollten jährlich stattfinden (69%) und dabei ≥ 10 Teilnehmer parallel trainiert werden. Darüber hinaus hielt die Mehrheit der Experten (76%) das Operationstraining am Körperspender für die wichtigste und nützlichste Ressource eines Trainingszentrums [11].

In Deutschland sind Trainingszentren durch entsprechende Kooperationen mit den Anatomischen Instituten in Berlin und Kiel etabliert [8], [18]. International ausgerichtete Ausbildungsstätten bieten vergleichbare Kurse an.


#

Die Trainer

Sie sollen nach mehrheitlicher Expertenmeinung: 1.) ≥ 30 TaTMEs durchgeführt haben, 2.) an TaTME-Schulungskursen mitwirken und 3.) über eine 5-jährige kolorektale Subspezialisierung verfügen. Außerdem erwarten 72% der Experten 4.) die akademische Auseinandersetzung mit dem Thema in Form von mindestens 2 wissenschaftlichen Publikationen pro Jahr [11].

National und international ist die Zahl und Verfügbarkeit so definierter potenzieller Trainer übersichtlich. Auf internationaler Ebene wird deshalb kooperiert. Der Vorschlag, für Proctoren mehr als 100 eigene TaTME-Fälle vorauszusetzen [19], ist aus deutscher Sicht aktuell noch unrealistisch.


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Das modulare Training

Es wird von 48 Experten (82%) empfohlen [11].

Strukturierte Onlinemodule

Sie bieten ausgewählte webbasierte Lehrmaterialien und die Möglichkeit zum Livestreaming und sollen zum Selbststudium genutzt werden [11].

Interessierte und potenzielle Anwender sollten ihre kognitiven Fähigkeiten weiterentwickeln. Das adaptive E-Learning-Tool von iLappSurgery – die TaTME-App – bietet hierzu die aktuell wohl umfangreichste Lehrmittelsammlung aus Keynote-Vorträgen, Illustrationen, 3-D-Animationen, Videos und Literatur sowie Videolinks zur differenzierten Vermittlung der Grundlagen der TaTME [20], [21]. Onlineplattformen, wie z. B. der AIS-Channel (AIS: Advances in Surgery) [21], führen zur weltweiten Vernetzung.


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Didaktische Trainingssessions

Sie umfassen die Themen: Rationale, Indikation, Operationsschritte, Ausstattung, OP-Setting, Pitfalls, Komplikationen, aktuelle Evidenz. Sie sollen interaktiv und mit Videos unterlegt sein [9]. Mit breitem Konsens (81%) wird der Indikationsstellung und damit der Patientenselektion hohe Priorität eingeräumt [11]. Adamina et al. [12] verweisen auf die Wichtigkeit qualitativ hochwertiger, begutachteter Unterrichtsmaterialien zur topografischen Anatomie für die Vermittlung der chirurgischen Technik, der Gefahren und des Troubleshootings (100%).

Das sehr gute Feedback von 65 erfahrenen Chirurgen (5-Punkte-Likert-Skala: Mittelwert 4,74) untermauert, dass die theoretischen Lerninhalte unmittelbar vor dem Simulationstraining von den Kursleitern strukturiert vermittelt und diskutiert werden sollten [25]. Die hierzu in den USA veranschlagten 5 h sehen explizit 15 min für den Punkt „adäquate Patientenaufklärung und Einverständniserklärung“ vor [26]. Auch in der Zeit digitaler Medien ist der Wert anatomisch funktioneller und topografischer Detailbeschreibungen hochzuhalten [24]. Im Kieler TaTME-Kurs wird auf eine anatomisch-chirurgisch moderierte, interaktive Diskussion der eingriffsrelevanten Strukturen anhand formalinfixierter Beckenpräparate Wert gelegt. Dieses sehr gut evaluierte, 2-stündige Extramodul beinhaltet ein Hands-on der Präparate und erfüllt die hochgesteckten Forderungen des St.-Gallen-Konsensus [12], [18]. Der 2-tägige Kurs wird mit 17 CME-Punkten anerkannt. Der Berliner TaTME-Kurs umfasst ebenfalls einen theoretischen Teil, steht bereits unter der Schirmherrschaft der DGAV und wird mit 20 CME-Punkten akkreditiert.


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Hands-on-Workshops

Hands-on-Workshops an eingespannten Kunststoff- oder Tierpräparaten wurden mehrheitlich (74 – 100%) als Notwendigkeit zum Training der Platzierung transanaler Plattformen und der videoendoskopisch unterstützten Anlage der Tabaksbeutelnaht gesehen [9], [11], [12].

An Boxtrainern können bis zu 7 der 10 von Knol und Keller [28] vorgeschlagenen Operationsschritte geübt werden (siehe Box). Die Abschnitte 6b und 7 sind der Operation am Körperspender vorbehalten.

Übungsschritte im TaTME Simulationstraining; nach Knol und Keller [28]

1:  Einführen der Plattform

2:  Positionierung der Trokare und Start der Insufflation

3:  Tabaksbeutelnaht

4:  Spülung und Überprüfung der Dichtigkeitskontrolle

5a:  Markierung der mukosalen Resektionslinie

5b:  zirkumferentielle Mukosadissektion

6a:  zirkumferentielle Vollwanddissektion

6b:  perimesorektale zylindrische Dissektion mit der Sequenz posterior/anterior/lateral

7:  Präparatebergung

8:  Anastomosierung

Das Einüben der videoendoskopisch assistierten Tabaksbeutelnaht führt zur Limitierung der häufigsten Fehler bei der Operation am Körperspender [25], [27]. Als Zeitlimit werden 20 min pro Tabaksbeutelnaht vorgeschlagen; dabei sind Fehlerdiskussion und Wiederholungen bis zum optimalen Resultat ausgeklammert [8], [18].


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TaTME am Körperspender

Die TaTME am Körperspender wird von 78 – 100% der befragten Experten als zentrales Modul des präoperativen Trainings angesehen [11], [12]. Die Teilnahme kompletter Operationsteams wurde angeregt [9]. Wegen der schwierigeren anterioren Präparation sollten männliche Körperspender bevorzugt ausgewählt werden [11]. Eine 1 : 2-Betreuung am Arbeitsplatz wurde allgemein empfohlen. Die Leistungseinschätzung sollte anhand von standardisieren Bewertungsbögen, sowohl durch Trainer als auch durch die Trainee erfolgen [10]. Das unmittelbare Feedback muss die Klassifikation der Präparatequalität einschließen [11]. Für die TaTME am Körperspender sind mindestens 3 Stunden einzuplanen ([Video 1]).


Quality:
Video 1 TaTME am Körperspender.

Es muss mit erheblichen Streubreiten für Tabaksbeutelnaht (4 – 50 min), mesorektale Dissektion (35 – 260 min) und Anastomose (10 – 40 min) gerechnet werden. Komplikationen mit Bezug zur Tabaksbeutelnaht waren mit bis zu 40% häufig. Das Verlassen der korrekten Präparationsschicht wurde in bis zu 9% beobachtet. Fälle mit Verletzung von Rektum, Prostata oder Vagina kamen vor. Die Präparatequalität wurde in 81 – 97% der Fälle als gut oder moderat eingeschätzt [25], [26], [27]. Penna et al. beobachteten bereits Verbesserungen, wenn das Team 2 transanale Dissektionen hintereinander durchführte [27].

Durch Fokussierung des Lehrstoffs konnte eine extrem hohe Rate fälschlicherweise mobilisierter Prostatae von 20 auf 3% gesenkt werden [26]. In anderen publizierten Ergebnissen von Trainingskursen wurden keine Verletzungen der männlichen Harnröhre registriert, was auch auf die Hinweise zur Fehlervermeidung zurückgeführt wird [8], [18], [25], [26], [27]. Das bewusste Demonstrieren von Komplikationen wie Harnröhrenverletzung, Mobilisation der Prostata und kompletter Denervierung beim Verlassen der vorgegebenen Präparationsschicht ist als immanentes Trainingselement zu berücksichtigen [8], [18] ([Video 2]).


Quality:
Video 2 Harnröhrenverletzung und Mobilisation der Prostata bei bewusstem Verlassen der Präparationsschicht am Körperspender.

McLemore et al. [23] gaben an, am Vortag der klinischen TaTME mit dem gesamten Operationsteam eine Probeoperation am Körperspender durchgeführt zu haben. Auch nach den konsekutiven 12 Operationen resultierte ein jeweils onkologisch einwandfreies TME-Präparat.


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Hospitationen bei Liveoperationen

Hospitationen wurden als obligatorisch empfohlen und können als Element eines Selbstlernmoduls gesehen werden [9], [11]. Experten empfehlen einvernehmlich (100%) die Hospitation des gesamten OP-Teams bei einer TaTME, bevor der Eingriff am eigenen Standort eingeführt wird [12].

Ob der optimale Zeitpunkt für die OP-Hospitationen vor, während oder nach den Trainingskursen liegt, ist bisher nicht evaluiert. Offizielle Hospitationskurse in Deutschland werden bereits im Ausbildungskatalog der DGAV ausgewiesen.


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Proctoring-Programme

Sie sind nach absolviertem Training ratsam [9] und als sehr wichtig konstatiert (90%) [10] bzw. dringend empfohlen (97%) [12]. 66% waren der Meinung, dass 1 – 10 und 44%, dass 6 – 10 durch einen Proctor begleitete TaTMEs ausreichen, um die Kompetenz zur eigenständigen Operation zu erlangen [10], [11]. Der Proctor sollte den Lernprozess anhand von standardisieren Bewertungsbögen beurteilen [11].

Nach den Registerdaten werden inkorrekte Dissektionsschichten in 7,8%, Blutungen im kleinen Becken (> 100 ml) in 4,2% und viszerale Verletzungen in 1,5% der TaTME-Fälle beschrieben. Angaben zu Trainings- oder Proctoring-Programmen wurden leider nicht erfasst [35]. Organisatorische Schwierigkeiten (inkl. kurzer Vorlauf, kein adäquater Proctor), ein perfekter 1. Fall und das gemeinsame Operieren von ohnehin spezialisierten Operateuren begründeten in der Pionierphase den Verzicht auf das Proctoring [25]. [Tab. 3] fasst Literaturdaten nach Absolvieren eines Trainingsprogramms (inkl. Körperspenderkurs) zusammen. In 4 von 7 Arbeiten wurde ein Proctoring aufgeführt (77 klinische Fälle); alle erfassten Urethraläsionen resultierten in Kollektiven ohne Proctoring. Abbott et al. [29] notierten eine Harnröhrenverletzung unter 26 TaTMEs, die noch vor Einführung des australischen Ausbildungsprogramms von 6 Chirurgen durchgeführt wurden. Der 2-tägige Trainingskurs mit definiertem Proctoring für die ersten beiden klinischen Fälle limitierte dieses Risiko. In beiden von Penna et al. [27] beschriebenen Kollektiven und bei 5 von 20 Einsteigern im Kurskollektiv von Atallah et al. [26] kam es zu Urethraverletzungen. Ein Proctoring wurde nicht durchgeführt, später aber als potenziell hilfreich und erwünscht anerkannt. Es konnte gezeigt werden, dass sich ein TaTME-Proctoring sowohl auf Konversionsraten, Präparatequalität inkl. Sicherheitsabstände als auch auf Morbidität und Mortalität vorteilhaft auswirkt [13], [29]. Das Hinzuziehen eines Proctors gilt als indirekter Qualitätsparameter [25]. Über die DGAV und mit Unterstützung der internationalen TaTME Educational Collaborative Group sowie der Medizintechnikindustrie werden derzeit Anstrengungen unternommen, um ein curriculares Trainingsprogramm inkl. Proctoring als Voraussetzungen für eine sichere Implementierung zu ermöglichen.

Tab. 3 Daten zur klinischen Implementierung der TaTME nach Durchlaufen eines Körperspenderkurses.

Autoren, Jahr

Chirurgen

Rücklauf n (%)

TaTME eingeführt n (%)

Fälle (Min–Max)

Karzinom %

2 Teams % #

Proctor ≥ 1. Fall

Konversion n (%)

intraoperative Verletzung/Probleme

Qualität TME-Präparat gut/moderat (%)

CRM positiv (%)

DRM positiv (%)

Morbidität (%)

Mortalität (%)

* US-Kollektiv; ** UK-Kollektiv; # simultan/sequenziell; † Zentren; CRM: zirkumferenzieller Resektionsrand; DRM: distaler Resektionsrand

McLemore et al., 2016 [23]

1

1 (100)

1 (100)

4

100

100

ja

keine

keine

100

0

0

25

0

Penna et al.*, 2017 [27]

20

20 (100)

18 (90)

85 (2 – 30)

73

67

k. A.

2 (2,3)

fallbezogen: Urethra 1 (1,2%)

k. A.

k. A.

k. A.

k. A.

k. A.

Penna et al.**, 2017 [27]

32

23 (72)

17 (74)

68 (1 – 15)

72

55

k. A.

1 (1,5)

fallbezogen: Urethra 1, Mesorektum/Rektum 4

k. A.

k. A.

k. A.

k. A.

k. A.

Atallah et al., 2017 [26]

81

38 (47)

20 (53)

k. A. (≥ 1)

k. A.

75

k. A.

k. A.

teambezogen: Urethra 5/20 (25%), Blutung 3/20 (15%), Präparationsschicht 5/20 (25%), Pneumopelvis instabil 7/20 (25%)

k. A.

k. A.

k. A.

k. A.

k. A.

Abbott et al., 2018 [29]

8

8 (100)

8 (100)

133 (3 – 35)

84

k. A.

ja

4 (3,0)

fallbezogen: Rektum 2 (1,5%)

98

1,9

0

27

0

Wynn et al., 2018 [25]

65

55 (85)

26 (47)

k. A. (1 – 13)

k. A.

k. A.

8 (31%)

k. A.

k. A.

k. A.

k. A.

k. A.

k. A.

k. A.

Veltcamp Helbach et al., 2019 [13]

200

12 † (k. A.)

12 (100%)

120 (10)

100

100

ja (100% 5 Fälle

5 (4,2)

6 (5%), Blutung 2 (1,7%), Rektum 1 (0,8%), Dünndarm 1 (0,8%), Ureter 1 (0,8%), Präparationsschicht 1 (0,8%)

100

5

0

45

0


#
#

Die Lernkurve

Die Lernkurve mit der notwendigen Anzahl der Eingriffe zum Erreichen des Kompetenzniveaus konnte noch nicht definiert werden. Nach dem St.-Gallen-Konsensus besteht 100%ige Einigkeit darüber, dass die Lernphase mindestens 20 Fälle umfasst [12]. Die initialen Patienten sollten von 2 sehr erfahrenen Chirurgen operiert werden [11].

Nach einem TaTME-Kurs haben 47 – 100% der Teilnehmer die Methode in ihrer Klinik eingeführt ([Tab. 3]). Im Kollektiv von Wynn et al. [25] schlossen dies 7% für sich und ihre Klinik aus. Verzögert wird die Einführung hauptsächlich durch fehlendes Equipment und die hohen Kosten (20 – 26%). Auch die notwendige Patientenselektion (9 – 24%) und das Fehlen eines weiteren trainierten Kollegen (7%) oder des Ethikvotums (5%) spielen eine Rolle [25], [26], [27].

Nachdem 53% der befragten Chirurgen Komplikationen verzeichneten, schätzten 40% ein, dass 2 – 10 TaTMEs notwendig sind, um sich sicher zu fühlen; 15% rechneten mit 10 oder mehr [25]. In einem systematischen Review initialer Behandlungsserien mit jeweils mehr als 30 Fällen finden Deijen et al. [30] weniger Konversionen, kürzere OP-Zeiten, bessere Präparatequalität, weniger Komplikationen, und niedrigere Lokalrezidivraten als in Zentren mit weniger als 30 Fällen und deuten damit den Case-Volume-Effekt auf die Lernkurve an. Unizentrische Pionierserien zeigen nach multidimensional bewerteten Lernkurven statistische Cut-offs zwischen dem 40. und 45. TaTME-Fall. Oberhalb des Trennwerts werden bei kürzerer Operationszeit eine niedrigere intraoperative Komplikationsrate, akzeptable Präparatequalität und eine vertretbare postoperative Morbidität erreicht [19], [31], [32], [33]. An den eigenen Daten kann dieser Cut-off anhand signifikant niedrigerer Morbidität nachvollzogen werden ([Tab. 4]).

Tab. 4 Lernkurvenanalysen mit Angaben zu frühen und späten TaTME-Kohorten (Rektumkarzinom).

Autoren, Jahr

Behandlung

Patienten

Kohorte

intraoperative Komplikationen (%)

Morbidität Clavien-Dindo ≥ III (%)

TME-Präparatequalität gut (%)

CRM positiv (%)

DRM positiv (%)

k. A.: keine Angabe; TME: totale mesorektale Exzision; CRM: zirkumferenzieller Resektionsrand; DRM: distaler Resektionsrand; * Reoperation; # positiver Resektionsrand (Komposit); ≤ 1 mm

Koedam et al., 2018 [19]

02/2012 – 01/2017

138

1. (n = 40)

k. A.

47,5

90

2,5#

2. (n = 98)

k. A.

20,4

93

1,0#

Rubinkiewicz et al., 2019 [31]

seit 2014

66

1. (n = 40)

20

15

85

2,5

0

2. (n = 26)

13

4

89

0

3,8

Lee et al., 2018 [32]

03/2012 – 01/2017

87

1. (n = 51)

12

12*

73

4

2

2. (n = 36)

6

6*

89

0

0

Caycedo-Marulanda et al., 2018 [33]

06/2015 – 09/2017

70

1. (n = 27)

0

15

67

3,7

0

2. (n = 43)

0

12

84

2,3

0

eigene

01/2014 – 05/2019

86

1. (n = 43)

5

28

86

4,7

0

2. (n = 43)

5

9

81

4,7

0


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Die ersten Fälle

Die ersten Fälle sollten nach Mehrheitsempfehlung mutmaßlich einfach zu operierende Patienten mit Rektumkarzinom sein [9], [11], [12]. Als Kriterien wurden genannt: Karzinom im mittleren Drittel, Nichtbefall des potenziellen zirkumferenziellen Resektionsrandes, deutliche Tumorregression nach neoadjuvanter Therapie und weibliches Geschlecht.

TaTME-Kursteilnehmer planten den Eingriff initial für Patienten mit Rektumkarzinom des unteren (94%) und mittleren Drittels (74%) ein [26]. Tatsächlich werden initial hauptsächlich Patienten mit einem Rektumkarzinom operiert. Häufig wird dabei bereits simultan oder zumindest sequenziell mit 2 Teams gearbeitet ([Tab. 3]). Der Ein-Team-Ansatz ist momentan häufig alternativlos [33]. Im eigenen Vorgehen kam das potenziell zeitsparendere Arbeiten mit 2 Teams bisher in 22% zur Anwendung. Seltene Sondersituationen sind nicht geeignet, um die Methode zu etablieren ([Abb. 3]).

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Abb. 3 Indikation zur transanalen totalen mesorektalen Exzision bei 102 Patienten an der Universitätsmedizin Mainz (01/2014 – 05/2019). CED: chronisch entzündliche Darmerkrankung.

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Im Audit

Im Audit sollten Präparatequalität (97%) sowie der klinische Verlauf (Morbidität, Mortalität, Rezidiv, Überleben; 91%) überwacht werden. 70% waren für die Überprüfung anhand von Registerdaten, 55% stimmten für die Beurteilung ungekürzter Operationsvideos. Für die individuelle E-Logbuch-Bewertung fand sich keine Mehrheit [11]. Darüber hinaus sollen funktionelle Ergebnisse und die Lebensqualität der Patienten kontrolliert werden. Die Teilnahme an klinischen Studien wurde uneingeschränkt empfohlen (100%) [12].

Wynn et al. [25] geben an, dass 46% ihrer internationalen Kursteilnehmer in der Implementierungsphase ihre Daten im Low Rectal Cancer Development Programme (LOREC-Register) gespeichert haben. In amerikanischen Trainingskursen werden sogar 30 min für Hinweise zur Eingabe in die Registerdatenbanken veranschlagt [26]. In Deutschland wird derzeit eine differenzierte Eingabemöglichkeit relevanter TaTME-Daten in das StuDoQ-Register der DGAV geprüft.

Die Daten der Universitätsmedizin Mainz werden bislang im LOREC-Register eingegeben und ausgewertet [34], [35]. Eine funktionelle Nachsorge ist wichtig ([Abb. 4]).

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Abb. 4 Drei-Monats-Protokoll eines Patienten nach Stomarückverlagerung und Erlernen der analen Irrigation (Nr. 10 in [Tab. 2]; TaTME mit partiell intersphinktärer Resektion und koloanaler Anastomose). Nach Eingewöhnungsphase Stuhlfrequenz im Median bei 1/24 h (nach morgendlicher Spülung mit 1000 – 1100 ml; 2,5 Pumpstößen; 5 – 6 min Wartezeit). Kein tiefes anteriores Resektionssyndrom („No LARS“).

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Fazit

Bekanntermaßen stehen Expertenmeinungen an letzter Stelle der Hierarchie evidenzbasierter Medizin. Die internationalen Konsensempfehlungen zum TaTME-Training, die auf mehrstufigen Delphi-Umfragen beruhen, sind vor der Implementierung dennoch zu beachten. Maximalforderungen sind dabei immer auch vor dem Hintergrund aktueller wissenschaftlicher Daten zu interpretieren und anhand eigener Erfahrungen zu modifizieren.

Folgende Punkte sollten im Hinblick auf eine sichere Implementierung der TaTME berücksichtigt werden:

  • Der Operateur muss eine mehrjährige kolorektale Subspezialisierung vorweisen können. Neben den Erfahrungen mit transanal-endoskopischen Vollwandresektionen ist der Nachweis von 50 minimalinvasiven TMEs und die personenbezogene Konstanz mit deutlich mehr als 10 dieser Prozeduren im Jahr erforderlich.

  • Klinikbezogen muss in Deutschland auch unter risikoadaptierter Indikationsstellung eine TaTME-Frequenz von 20 pro Jahr angestrebt werden. Dies ist nur durch konsequente kolorektale Schwerpunktbildung und Konzentration von entsprechend selektierten High-Risk-Patienten an wenigen Zentren erreichbar.

  • Ein qualifiziertes modulares TaTME-Training ist obligat. Die Lernphase umfasst nach Auswertung erster Pionierserien 40 Operationen.

  • Die initialen Rektumkarzinompatienten sollen möglichst von 2 sehr erfahrenen Chirurgen operiert werden.

  • Ein Proctor soll obligat für die ersten 2 – 5 Fällen in Anspruch genommen werden. Unter dem Dach der DGAV wird derzeit ein Proctoring-Programm entworfen.

  • Zertifizierte koloproktologische Referenz- und Exzellenzzentren (DGAV) und zertifizierte Darmkrebszentren (DKG) mit einer die bekannten Mindestmengen deutlich übersteigenden Primärfallzahl bieten die besten Voraussetzungen für die notwendigen Qualitätssicherungsmaßnahmen (Audits, Registerdatenbanken und Studien).

  • An der Validierung chirurgischer Trainingskonzepte muss weiter gearbeitet werden.


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Einhaltung ethischer Richtlinien

Die Videosequenzen wurden während zweier TaTME-Körperspenderkurse am Kurt-Semm-Trainingszentrum aufgenommen. Das Kurt-Semm-Trainingszentrum entspricht den ethischen Standards und Vorschriften für die Verwendung von menschlichen Kadavern, die im Rahmen des Körperspenderprogramms des Anatomischen Instituts der Universität Kiel erworben wurden.

Hinsichtlich der TaTME an der Universitätsmedizin Mainz wurde ein Votum der zuständigen Ethikkommission eingeholt und die Fälle mit dieser Operationstechnik werden in einem internationalen Register erfasst.


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Interessenkonflikt

Werner Kneist ist Mitglied der DGAV und gehört der internationalen TaTME Educational Collaborative Group an. Er nahm an 2 der im Manuskript aufgeführten Konsensuskonferenzen zur TaTME teil [11], [12]. Er hat in den letzten 3 Jahren von der Firma Ethicon Endo-Surgery und der Firma Olympus finanzielle Unterstützung zur Durchführung von Vortrags-, Kurs- und Kongressveranstaltungen erhalten.

Danksagung

Herrn Prof. Dr. Thilo Wedel wird für die anhaltende Unterstützung und die Freigabe der Videoaufzeichnungen zur TaTME am Körperspender gedankt.


Korrespondenzadresse

Prof. Werner Kneist, MD
Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Transplantationschirurgie
Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität
Langenbeckstraße 1
55131 Mainz
Deutschland   
Phone: 0 61 31/17-72 91   
Fax: 0 61 31/17-66 30   


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Abb. 1 Operation bei Patienten mit primärem Rektumkarzinom ≤ 12 cm ab anokutan an der Universitätsmedizin Mainz (01/2017 – 05/2019). Patienten mit partiell mesorektaler Exzision (n = 13) und transanaler Vollwandresektion (n = 4) ausgeschlossen. (TARR: tiefe anteriore Rektumresektion; APE: abdominoperineale Rektumexstirpation; TATA: transanal-transabdominale Operation; TaTME: transanale TME).
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Abb. 2 Risikokonstellation: nach neoadjuvanter Radiochemotherapie nicht mehr sicher tastbares juxtaanales Rektumkarzinom, Prostatahyperplasie, enge Beckeneingangsebene, anteriorer Quadrant infiltriert (Nr. 17 in [Tab. 2]).
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Abb. 3 Indikation zur transanalen totalen mesorektalen Exzision bei 102 Patienten an der Universitätsmedizin Mainz (01/2014 – 05/2019). CED: chronisch entzündliche Darmerkrankung.
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Abb. 4 Drei-Monats-Protokoll eines Patienten nach Stomarückverlagerung und Erlernen der analen Irrigation (Nr. 10 in [Tab. 2]; TaTME mit partiell intersphinktärer Resektion und koloanaler Anastomose). Nach Eingewöhnungsphase Stuhlfrequenz im Median bei 1/24 h (nach morgendlicher Spülung mit 1000 – 1100 ml; 2,5 Pumpstößen; 5 – 6 min Wartezeit). Kein tiefes anteriores Resektionssyndrom („No LARS“).