Aktuelle Kardiologie 2020; 9(04): 346-350
DOI: 10.1055/a-1214-5618
Kurzübersicht

Vorschlag für neue Subklassifikationen des Diabetes mellitus

Proposal for New Subclassification of Diabetes Mellitus
Oana-Patricia Zaharia
1   Institut für klinische Diabetologie, Deutsches Diabetes-Zentrum Leibniz-Zentrum für Diabetes-Forschung, Düsseldorf
,
Julia Szendrödi
1   Institut für klinische Diabetologie, Deutsches Diabetes-Zentrum Leibniz-Zentrum für Diabetes-Forschung, Düsseldorf
2   Klinik für Endokrinologie und Diabetologie, Universitätsklinikum Düsseldorf
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Zusammenfassung

Diabetes mellitus ist eine heterogene Erkrankung, die in der Ausprägung der Klinik und dem Risiko für die Entwicklung von Komplikationen variiert. Bisherige Klassifikationen beschränken sich jedoch weitestgehend auf die 2 Hauptformen des Diabetes (Typ-1- und Typ-2-Diabetes), was der Komplexität der Erkrankung nur bedingt gerecht wird. Eine neue Klassifikation der Diabetestypen könnte helfen, die individuelle Prognose der einzelnen Patienten besser einzuschätzen und gezieltere Präventions- und Therapiekonzepte zu ermöglichen. Die vorgeschlagene Neuklassifikation ist jedoch nicht in den aktuellen Leitlinien der Diabetesgesellschaften übernommen und stellt einen Vorschlag renommierter Diabetesforscher dar, um die klinische Vielfalt der Diabeteskrankheit zu berücksichtigen. So wird im Folgenden die Variabilität des Diabetes genauer betrachtet und die Möglichkeit einer neuen Klassifikation dargestellt.

Abstract

Diabetes mellitus is a heterogeneous disease that varies in clinical presentation and the risk of developing complications. However, previous classifications have largely been limited to the two main forms of diabetes (type 1 and type 2 diabetes), which only partially do justice to the complexity of the disease. A new classification of diabetes could help to better assess the individual prognosis of patients and to enable more targeted prevention and therapy concepts. However, the proposed reclassification is not included in the current guidelines of the diabetes societies and represents a proposal by renowned diabetes researchers which takes into account the clinical diversity of the diabetes disease. This approach examines the variability of diabetes in more detail below and presents the possibility of a new classification.

Was ist wichtig?

Eine neue Diabetesklassifikation, die neben den klassischen Merkmalen auch den Krankheitsverlauf und das Risiko für die Entwicklung von Folgeerkrankungen mit einbezieht, ermöglicht eine differenzierte Therapieplanung.

Patienten mit Diabetes weisen eine breite Palette von Stoffwechselmerkmalen auf, welche die Klassifizierung in Cluster, basierend auf Autoimmunität, Alter, BMI, glukometabolischer Kontrolle, Beta-Zell-Funktion und Insulinsensitivität als primäre ätiologische Parameter, im Zusammenhang mit dem frühen Auftreten von Komplikationen des Diabetes ermöglichen.

Dieses Konzept könnte dazu beitragen, die Behandlung zu individualisieren und Personen mit einem erhöhten Risiko für Komplikationen bereits zu Beginn der Diagnose zu identifizieren. Dieser Zugang ebnet den Weg hin zu einer präzisen, zielgerichteten Therapie.

Diabetes mellitus ist eine heterogene chronische Erkrankung, die durch einen erhöhten Blutglukosewert gekennzeichnet ist. Ursache ist entweder eine gestörte Insulinsekretion und/oder eine gestörte Insulinwirkung an den Zielgeweben (vor allem Muskel, Leber, Fettgewebe). Die bestehende Klassifikation der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG) sieht derzeit eine Einteilung in hauptsächlich 2 Diabetestypen vor: Typ-1- und Typ-2-Diabetes, welche sich insbesondere hinsichtlich der Pathophysiologie unterscheiden. Während es sich beim Typ-1-Diabetes um eine autoimmunbedingte Zerstörung der Beta-Zellen des Pankreas handelt, welche durch einen absoluten Insulinmangel gekennzeichnet ist, wird der Typ-2-Diabetes durch eine periphere Insulinresistenz und Beta-Zell-Dysfunktion charakterisiert. Dies resultiert in einem relativen Insulinmangel, welcher mit fortschreitendem Krankheitsverlauf bis zum absoluten Insulinmangel führen kann [1]. Verschiedene Quellen gehen davon aus, dass derzeit 7 – 10% der Bevölkerung in Deutschland an Diabetes erkrankt sind [2]. Insbesondere der Typ-2-Diabetes nimmt mit rund 90 – 95% der Erkrankungsfälle den weitaus größten Anteil ein. Die Tendenz ist seit Jahren steigend, und neueste epidemiologische Analysen gehen von einem Anstieg von 54 – 77% der Typ-2-Diabetes-Fälle bis zum Jahr 2040 in Deutschland aus [2].



Publication History

Article published online:
14 August 2020

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